die zukunft der arbeit
Kai Mommsen, Berlin, 2002

Das Internet ermöglicht eine neue Philosophie der Arbeitsorganisation: Free Business, ohne die Last der Hierarchien, ohne Festanstellungen und die damit verbundenen Probleme und Abhängigkeiten, basiert auf Selbstbestimmung und freier Kommunikation. Was zählt, ist die gemeinsame Sache. Die Motivation entsteht aus der Arbeit, Arbeitszeiten und Arbeitsort werden frei gewählt.

Arbeit und Mensch
Arbeit im Neoliberalismus
Die Zukunft der Erwerbsarbeit
Die neue Arbeitsorganisation: das Netzwerk

Arbeit und Mensch

Die Erwerbsarbeit ist für die breite Bevölkerung das einzige Mittel, um den Broterwerb zu bestreiten. Traditionell wird diese Erwerbsarbeit als ein Angestellten- oder Arbeiterverhältnis gesehen. Der Mensch verkauft seine Dienste und seine Zeit anderen, wofür er bezahlt wird. An dieser Stelle bereits liegt das fundamentale Problem der Arbeit.
Denn die Selbstbestimmung geht hierbei nicht sehr weit. Angestellte und Arbeiter müssen sich danach richten, was der „Markt“ benötigt. Schon in der Schule werden die jungen Leute auf das spätere Berufsleben getrimmt. Mittels Strafandrohungen und der Forderung nach Disziplin funktioniert diese „Erziehung“.

Die autoritäre hierarchische Struktur ist nicht nur ein bestimmendes Element der Erziehung, sie ist auch das formgebende Element in der Beziehung von Unternehmern und Angestellten. Die grundlegende Idee ist, daß Angestellte kontrolliert und angewiesen werden müssen. Sie sollen Ihre eigenen Interessen, die mit der Bezahlung abgegolten sein sollen, zurück stellen und sich ganz in den Dienst ihrer Stellung geben.
Damit ist ein grundlegendes Problem in der Arbeitsorganisation gegeben. Denn die Kommunikation und auch die Arbeit leidet in der Regel in solchen Verhältnissen. Die Angestellten sind aufgrund mangelnder Information nicht in der Lage, Sachverhalte richtig einzuschätzen und die Vorgesetzten sind nicht in der Lage, alle Entscheidungen für alle Mitarbeiter zu treffen.

Wie üblich, ist in den hochqualifizierten und hochbezahlten Berufen die Lage anders. Einerseits ist schon lang erkannt worden, daß etwa kreative Mitarbeiter eine gewisse Freiheit benötigen. Andererseits ist es von großer Bedeutung, Mitarbeiter in die Lage zu versetzen, eigene Entscheidungen treffen zu können. Denn um Projekte oder Aufgaben gut und schnell zu erledigen, ist ein langer Entscheidungsweg meist von vielen Nachteilen begleitet.

Ein weiteres Problem ist der nicht groß genug einzuschätzende Faktor, daß kein Mensch auf die Dauer bereit ist, sinnlose Aufgaben zu erledigen. Angestellte, die sich ständig mit sinnlosen Verordnungen und Anweisungen auseinander setzen müssen, werden schnell hochgradig unzufrieden.

Überhaupt ist die Zufriedenheit der Mitarbeiter ein Kriterium, das immer noch grob vernachlässigt wird. Ein zufriedener Mitarbeiter wird immer bessere Arbeit leisten, als ein unzufriedener. Nicht nur bewirkt die Unzufriedenheit einen Mangel an Motivation und eine Beeinträchtigung des Betriebsklimas, auch das kaum zu unterschätzende Problem der passiven Obstruktion und der unterbewußten Fehlleistungen resultieren daraus.

Doch die Erscheinung der Erwerbsarbeit, in der die Angestellten jeden Tag, jede Woche zur Arbeit kommen müssen, widerspricht eigentlich grundlegenden menschlichen Bedürfnissen. Allenfalls hochbezahlte Manager und andere Experten werden in dem Maße in ihrem Beruf aufgehen, daß sie alle anderen Interessen hintenan stellen wollen.

Die traditionelle Erwerbsarbeit gründet trotz aller Verbesserungen auf Entfremdung und Zwang, sie ist unfrei und widerspricht unseren grundlegenden Bedürfnissen. In ihrer gegenwärtigen Form bedarf es starker gesellschaftlicher Zwänge, um sie aufrecht zu erhalten. Kurz: Das Verhältnis von Arbeitern zu ihrer Arbeit ist höchst problematisch, weil es in der Regel nicht selbstbestimmte und selbstgewollte Arbeit ist, sondern aufgezwungene, unfreie Arbeit.
Gleichzeitig wird von den Arbeitnehmern ein hohes Ausmaß an Spezialisierung erwartet. In der Folge verlieren diese den Überblick und können die Auswirkungen ihrer Arbeit nur noch schlecht einschätzen.

Im Kapitalismus ist ein Interessenkonflikt zwischen Unternehmern und Arbeitern/Angestellten grundsätzlich angelegt. Die Unternehmer müssen versuchen, die Lohnkosten möglichst gering zu halten, um eine möglichst hohe Rendite zu erwirtschaften, während die Arbeitnehmer daran interessiert sind, möglichst gute Arbeitsbedingungen und möglichst hohe Entlohnung zu bekommen. Die Stelle, an der diese Interessen konvergieren, ist die, an der beide Seite gute Arbeit einerseits leisten andererseits geleistet sehen wollen.
Doch sind die Verhältnisse, unter denen gearbeitet wird, meist nur im Hochlohnsektor derart, daß sich dieses realisieren läßt. Der Angestellte, der genügend Freiraum bekommt, um seine Arbeit nach eigenem Ermessen optimieren zu können, ist in vielen Bereichen eine Ausnahme.

Und selbst wenn die Arbeitsorganisation befriedigend ist, gibt es noch das Problem des Entgelts der Arbeit. Auf der Arbeit lasten im Vergleich zu anderen Einkommen die höchsten Steuern und Sozialausgaben. Nicht nur die Sozialversicherungs-beiträge mindern den Ertrag der Arbeit, auch der Staat finanziert sich zum wesentlichen Teil aus der Einkommenssteuer. Im Neoliberalismus gilt zusätzlich der Grundsatz, dass enorme Einkommen, bzw. die Schaffung von Kapital das Hauptmittel sind, um die Wirtschaft anzukurbeln, so dass es quasi den Grundsatz gibt: Je höher das Einkommen, umso geringer die Steuerbelastung – ein riesiger Skandal. Seit dem Beginn der neoliberalen Revolution hat sich das Realeinkommen der Arbeitnehmer in Deutschland nicht erhöht, während die Unternehmensprofite dramatisch in die Höhe geschossen sind. In den USA sind die Realeinkommen sogar gesunken.

Wir haben schon erörtert, dass im Kapitalismus ein Ungleichgewicht zwischen Waren und Arbeit und andererseits Geld besteht. Arbeitnehmer sind gezwungen, Arbeit anzunehmen und das Arbeitsverhältnis aufrecht zu erhalten. Auf ihnen lastet ein enormer Überlebensdruck. Die Position und die Möglichkeiten der Arbeitnehmer sind dabei in der Regel sehr schwach, seit dem Beginn des Neoliberalismus haben sich in vielen Ländern die hauptsächlich von Gewerkschaften durchgesetzten Sicherungen dabei zurückentwickelt. Das ist ein Verschulden der seit Jahrezehnten vorherrschenden Philosophie der Gier, anderswo Neoliberalismus genannt. Anneliese Braun beschreibt, was die zunehmende Durchsetzung des Prinzips der Gier in unseren Gesellschaften bedeutet:
„Die Horrorvision der Verwandlung des Lebens in Ware ist bereits real. ... die tendenziell totale Herrschaft von Vermarktung über das Leben und damit seine Deformation und irreversible Zerstörung [naht].“
(aus: Anneliese Braun; Von der Notwendigkeit, Erwerbs- und Reproduktionsarbeit umzuorientieren (1), aus Glasnost, Informations- und Dokumentationszentrum)

Parallel zu dieser Entwicklung allerdings schreitet ein ähnlicher Paradigmenwechsel wie vor rund zweihundert Jahren, als die industrielle Arbeit die bäuerliche Arbeit zu verdrängen begann, mit hoher Geschwindigkeit voran. Es vollzieht sich ein Umbruch von der „arbeitnehmerzentrierten, industriegeprägten Erwerbsarbeit zur unternehmerischen Wissensgesellschaft“. Der zunehmende Einsatz von Kapital und Wissen hat zu steigender Produktivität geführt und damit das Arbeitsvolumen seit den 70er Jahren um ein Sechstel schwinden lassen.
(Hier wurden Informationen aus einem Artikel von Imke Henkel benutz, nämlich Bilder einer neuen Arbeitswelt ,Den Job machen, den wir wirklich wollen“ aus der Website: Netzwerk Neue Arbeit, das Zitat stammt aus dem Abschlußbericht der Bayerischen Zukunftskommission)

Nun denken seit Jahrzehnten Linke wie Rechte über die Zukunft der Arbeit nach.
Eine Zusammenfassung gibt uns Anneliese Braun:
„Obwohl nun schon seit einigen Jahrzehnten eine 'Krise der Arbeitsgesellschaft' konstatiert wird, zuerst von Hanna Arendt gegen Ende der 50er Jahre, sind deren Inhalt und Auswege nach wie vor umstritten. Zwar setzt sich inzwischen mehr und mehr die Einsicht durch, daß es sich um eine 'Krise der Erwerbsarbeit' handelt. Vor den sich weiter ausdifferenzierenden Auflösungstendenzen des (männlichen) 'Normalarbeitsverhältnisses' können selbst wertkonservativ Herangehende kaum noch die Augen verschließen. Jedoch gilt diese Krise noch immer vorwiegend als ein arbeitsmarktpolitisches Problem, auch wenn feministische, ökologische, entwicklungspolitische und andere Einlassungen längst darüber hinausweisen (Carmen, Gore, Möller u.a., 1998). […] Wird die Krise der Erwerbsarbeit als ein mehr oder weniger isoliertes Spezialproblem aufgefaßt, so verengt das auch die Suche nach Auswegen. Der Mainstream geht weitgehend unabhängig sogar von politischer Couleur, ausdrücklich betont oder stillschweigend davon aus, daß Auswege grundsätzlich im Rahmen der - evtl. zu modernisierenden oder zu reformierenden - vorhandenen patriarchal kapitalistischen Ordnung zu suchen seien, sei es neoliberal, sei es neo-keynesianistisch, sei es als Wiederinstallation des abbröckelnden und immer mehr ausgehöhlten Sozialstaates. Die Vorstellungen unterscheiden sich höchstens danach, ob Beschäftigungsprobleme über Förderung des Wirtschaftswachstums zu lösen seien oder über Einsicht in die Realität, daß auch perspektivisch der notwendige Jahresarbeitszeitfonds in der Tendenz absolut abnimmt und deshalb im bestehenden Rahmen Arbeit umverteilt werden müsse.
Am Ende steht allerdings bei den meisten AutorInnen - bewußt oder eher unbewußt - ein Abfinden mit den derzeitigen Tatsachen, wonach ein weiter wachsender Teil der Bevölkerung aus bisher üblichen Erwerbsbiographien ausgegrenzt, in nicht existenzsichernde, informelle Verhältnisse und in Verelendung abgedrängt wird.“



Arbeit im Neoliberalismus

Die Politik erklärt, ihr Ziel sei die Vollbeschäftigung. Diese könne nur durch eine gesunde Konjunktur erreicht werden. Aber wenn die Konjunktur wirklich brummt, werden die Zinsen erhöht, um sie wieder abzukühlen. Und wenn die Arbeitsmärkte zu „tight“, zu eng werden, d.h. wenn die Arbeitslosenzahl sinkt, wird ebenfalls eine Überhitzung der Konjunktur befürchtet, weil sowohl der Konsum steigt als auch die Löhne gemäß dem Prinzip von Nachfrage und Angebot steigen.

Tatsächlich ist es so, dass die modernen neoliberal ausgerichteten kapitalistischen Volkswirtschaften gar keine Vollbeschäftigung ohne großen Niedriglohnsektor mehr verkraften können. Jobs zu schaffen, sei vorrangige Aufgabe. Dies sei nur durch eine boomende Wirtschaft zu erreichen. Doch tatsächlich schreiten Rationalisierungsprozesse voran und der Zwang zu hohen Renditen lässt die Ungleichverteilung weiter anwachsen.
„Die Entwicklung der Erwerbstätigenzahlen (grundsätzlich aber ebenfalls der Gesamtzahl der Arbeitsstunden) ist inzwischen abgekoppelt sowohl vom Wirtschaftswachstum als auch von der Arbeitsproduktivität. Die Beschäftigungsschwelle des Wirtschaftswachstums (3) von 2,5% in Deutschland wird kaum noch erreicht. [...] Analysen zeigen zudem, dass auf Dauer nicht mehr auf das Wirtschaftswachstum als Quelle für zusätzliche Beschäftigung gehofft werden kann, weil dem strukturelle Veränderungen entgegenwirken...“

Zudem übersieht das ständige Palaver um Jobs, Jobs und noch mal Jobs, dass viele Formen der Erwerbsarbeit den Interessen der Menschen und den Interessen der Gesellschaft widersprechen, ganz besonders die weniger qualifizierten. Viele Vollzeiterwerbsarbeiten bestehen aus endloser Routine, aus der Wiederholung ewig gleicher Abläufe. In ihnen kann sich die Persönlichkeit nicht entfalten und wird nur unter der Androhung von Arbeitslosigkeit dazu motiviert, weiter die Tätigkeit auszuüben. Gesellschaftlich gesehen, werden so die wirklichen Fähigkeiten der Menschen nicht ausgeschöpft, der Beitrag zur Produktivität der Gesellschaft der meisten Individuen beläuft sich auf stupide Tätigkeiten. Ein enormes Potential wird damit verschwendet.

Nochmal Anneliese Braun:
„Ob Erwerbsarbeitsplätze geschaffen oder vernichtet werden, entwickelt sich unter den Bedingungen einer 'Krise der Erwerbsarbeit' von Seiten derjenigen, die auf Erwerbsarbeitsplätze angewiesen sind, immer mehr zum einzigen Kriterium bei wirtschaftlichen Entscheidungen, unabhängig davon, ob sie als Konsumenten und Steuerzahler dafür bluten und am Ende mehr bezahlen müssen, als sie an zusätzlichen Einkommen aus der Erwerbsarbeit erreichen. Zugleich damit werden aber Erwerbstätige nicht nur zum/r Mittäter/in bei der ökologischen Zerstörung, sondern auch der Deformation und irreversiblen Vernichtung menschlicher Lebenssubstanz...“

Im Neoliberalismus erklärt die Politik, die diese Zustände geschaffen hat, wiederholt und andauernd, dass es keine Alternative zur weitergehenden Liberalisierung aller Märkte gibt. Sie führt angebliche Sachzwänge an, um ihre Politik der Umverteilung, ihre Politik der hohen Renditen zu rechtfertigen.


Die Zukunft der Erwerbsarbeit

Die Erwerbsarbeit im modernen Sinn ist eine moderne Erfindung und begann sich erst seit dem Beginn der Industrialisierung durchzusetzen. Sie sieht vor, dass der Mensch seine Arbeitskraft und Fähigkeiten auf dem Arbeitsmarkt verkauft. In der Praxis heißt das, das die meisten Menschen für andere arbeiten, diese sind heutzutage gesichtlose Aktieninhaber, die Shareholders.

Die Arbeit, die wie wir erörtert haben, im kapitalistischen Geldsystem schon benachteiligt ist gegenüber dem Kapital, wird zudem noch als erste Einnahmequelle des Staates herangezogen und finanziert außerdem die sozialen Sicherungssysteme. Das unter diesen Bedingungen Arbeit zu teuer ist, als dass Vollbeschäftigung erreicht werden könnte, außerdem der Lohn der Arbeit extrem niedrig ist, und der Leistungsdruck auf die Arbeit sehr hoch ist, ist im System angelegt. Unter diesen Bedingungen muß die Ausbeutung der Arbeitskraft attestiert werden.

Arbeit ist zudem vorwiegend unfrei. Trotz aller Beteuerungen, trotz aller Mitspracherechte, die Erwerbsarbeit ist unfreie Arbeit, der Arbeitnehmer arbeitet für die Bereicherung des Arbeitgebers (und/oder der Kapitalgeber) und muß seine Interessen hintenan stellen. Bei höher bezahlten Jobs kann man beobachten, wie die Arbeitnehmer sowohl die Glaubenssätze des Wirtschaftssystems als auch ihre eigene Funktion internalisieren und so voll und ganz für ihren Beruf eintreten. Eine beispiellose Verneinung des Eigensten.

Prototyp des Berufstätigen ist nicht mehr der angestellte Arbeitnehmer allein, die Zahl der Scheinselbständigen und Freiberufler steigt rapide. Immer mehr Arbeitssuchende konkurrieren um immer weniger Arbeit.

Die heute vorherrschende Form der Arbeit, die Erwerbsarbeit in der neoliberalen Wirtschaft, deformiert die Menschen, sie basiert auf Zwängen und Hierarchien und prinzipiell unvereinbar mit Gesellschaften von aufrechten Menschen und einer Besserung der Welt im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung.

Frithjof Bergmann, ein Philosoph und Anthropologe, begründete das Konzept der Neuen Arbeit. Es besagt, daß wenigstens ein Teil der Arbeit das sein müsse, was man „wirklich, wirklich will“. Die Rationalisierung der industriellen Produktion ist nämlich nicht nur eine Bedrohung für die „Arbeiter“, sondern anders gesehen eine enorme Chance.

Nur noch ein Teil der Arbeit könnte in Zukunft abhängige Erwerbsarbeit sein. Bergmanns Konzept sieht vor, die Arbeit zu dritteln: in traditionelle Arbeit, Arbeit, die mittels moderner Technik die Herstellung der meisten Dinge erlaubt, die jeder zum Leben braucht, und in ein Drittel jene Arbeit, die man „wirklich, wirklich will.“

Warnfried Dettling etwa fragt; “was so schlimm an der Befreiung des Menschen von falscher Arbeit [ist], die genauso gut oder besser von Maschinen gemacht werden kann?“ Iring Fletcher merkt an, daß „in älteren Gesellschaften [Arbeit] keineswegs mit einem positiven Akzent versehen war“.

Frithjof Bergmann schreibt:
“the dazzling advances which technology has achieved in the last hundred or so years have put within our reach a possibility undreamt of in Hegel's time: the possibility that machines could do most of the stupefying, crippling, and less than human work, while people could do work very different from that allotted to them in the Job-System: work that would strengthen them, that would in-crease their energy and their vitality, that would enhance their sense of self. This would be work that many would experience as their 'calling', work that they seriously and with commitment *want* to do - and thus work that would be 'free'. This possibility is by no means merely 'theoretical'.”
(Von der Website www.newwork.de)

Ulrich Beck schlug in seinem Buch "Was ist Globalisierung?" vor, „darüber nachzudenken, ob man nicht das, was als zivilgesellschaftliches Engagement in den Soziobiotopen der Gesellschaft überall beobachtbar ist – die Fähigkeit zur Selbstorganisation, aber auch das Interesse an politischen Projekten – , aufgewertet werden kann zu einem Aktivitäts- und Integrationszentrum neben Erwerbsarbeit: öffentliche Arbeit, Bürgerarbeit.“

Die zentrale Frage hierbei ist natürlich die der Entlohnung. Es führt kein Weg daran vorbei, die „Früchte der Arbeit“ gerechter zu verteilen. Die Renditen, das arbeitslose Einkommen, die und das sich seit dem Aufstiegs des Neoliberalismus vervielfacht hat und alle Politik zu diktieren scheint, muß begrenzt oder abgeschafft werden. Nur dann ist es möglich, das Problem der Arbeit wirklich zu lösen.


Die neue Arbeitsorganisation: Das Netzwerk

„Die innerbetriebliche Arbeitsorganisation ist seit etwa einem Jahrhundert durch das vor allem von Taylor begründete Prinzip der Arbeitsteilung geprägt. Dieser nach dem Begründer benannte Taylorismus strebt zur Steigerung der Produktivität die Aufteilung der Arbeit in immer kleinere Einheiten an, deren Bearbeitung aufgrund des geringen Umfanges schnell und repetitiv durchzuführen ist. Dieses Prinzip wurde im Laufe der Jahrzehnte von den Unternehmen immer mehr verfeinert und führte in letzter Konsequenz zur immer detaillierteren Gliederung der Unternehmen in Abteilungen, die Einzelaufgaben spezialisiert verrichten können. Veränderungen erfuhr die innerbetriebliche Arbeitsorganisation weniger durch betriebswirtschaftliche Erkenntnisse, denn durch Bestrebungen zur Humanisierung der Arbeitswelt.[....]

Gaitanides et al. beschreiben diesen Sinneswandel:
"In den Blickpunkt rückt die Intransparenz der betrieblichen Abläufe mit den Folgen von Redundanz und Ineffizienz und als Konsequenz daraus einem erhöhten, gemeinkostenverursachenden Koordinationsbedarf. Wahrnehmbar ist diese Situation durch wenig Produktivität bei überdurchschnittlicher Beschäftigung des Personals."
( Aus dem Skript zur Wirtschaftsinformatik von R. Pape, TU Berlin)

Auf dem IT-Sektor vollzieht sich ein Trend weg von den alten Modellen der Vollzeitbeschäftigung in einem Unternehmen hin zur selbstbestimmten Arbeit. Dies basiert auf einem Marktmodell, in die Arbeitnehmer ihre Dienste als selbstständige Unternehmer für projektbezogenen oder aufgabenbezogene Arbeiten anbieten. Wie oben schon erwähnt, ist kreative Arbeit unter Hierarchien und Zwängen nicht möglich. Deshalb hat auf dem IT-Sektor sich eine Entwicklung vollzogen, die den Arbeitnehmern ein hohes Maß an Selbstständigkeit gebracht und eine Form der Anarchie in der Arbeitsorganisation hervorgebracht hat.

Die Unternehmer verlangen zunehmende Flexibilität beim Einsatz von Ressourcen und sind auf eine hohe Kreativität ihrer Subunternehmer und Angestellten angewiesen. Es um die Erledigung von Aufgaben, wobei die Festanstellung nur eine Möglichkeit ist, diese Arbeiten zu erbringen, und oft nicht die günstigste. So sehen wir, dass das „Informationszeitalter“ von selbst neue Strukturen der Arbeitsorganisation hervorbringt. Denn die Arbeit an und mit der Information beinhaltet eine grundlegende Differenz zur Arbeit, die nur mit der Arbeitskraft operiert. Während die Arbeitsleitung im einen Fall darin besteht, diese Leistung abzugeben, bleibt im ersteren Fall die erarbeitete Information als Wissen beim Arbeitnehmer.

Das Internet ist in aller Munde als die Technologie der Globalisierung und die globale Kommunikation fördert die Kommunikation auf der Ebene der Gleichberechtigung, nicht der Hierarchien. Zudem können durch das Internet Anbieter und Nachfrager von qualifizierter Arbeit global agieren und das bedeutet, dass in diesem Sektor ein globaler Arbeitsmarkt entstehen wird, in dem beide Seiten aufeinander angewiesen sind, die alte Form der abhängigen Arbeit ist hier praktisch schon verschwunden.

Die neue Informationstechnologie eröffnet für den Arbeitsmarkt neue Horizonte. Der zukünftige transformierte Arbeitsmarkt wird ebenso global sein, wie die Produktmärkte es schon heute sind.
Was steht der globalen Vermittlung etwa von Programmierungsaufgaben im Weg, wenn die Kommunikation wirklich so global wird, wie das heute schon möglich ist?

Eine neue Philosophie der Arbeitsorganisation, Free Business, wird hier schon umgesetzt. Diese neue Form des Arbeitens ohne die Last der Hierarchien, ohne Festanstellungen und die damit verbundenen Probleme und Abhängigkeiten basiert auf Selbstbestimmung. Was zählt, ist die gemeinsame Sache. Die Motivation entsteht aus der Arbeit, Arbeitszeiten und Arbeitsort werden frei gewählt. Man kann zuhause arbeiten oder ins Büro kommen, je nachdem, wo man seinen Verpflichtungen am besten nachkommen kann – Hauptsache dabei ist es, Befriedigung aus der Erledigung der Aufgaben zu ziehen und auf gute Arbeit schauen zu können.

Das Paradigma dieser Arbeitsweise ist die freie Kommunikation. Input und Output befinden sich in diesem Modell in einer ständigen Kopplung, der Arbeitsablauf wird dauernd neu abgestimmt und optimiert. So ist eine Maximierung der Effizienz der Arbeit möglich.
Im Networking plant ein Aktionskern die Handlungen und sucht sich die Ressourcen, mit denen diese zur realisieren sind. Klar definierte Aufgaben werden verteilt, das Feedback zwischen den Akteuren bewirkt, daß die Abläufe der Aufgabenerledigung ständig modifiziert werden können.

Damit sind die alten Arbeitgeber-Arbeitnehmermodelle überholt und ein völlig neuer Arbeitsmarkt eröffnet sich, auf dem Fähigkeiten ohne den Rattenschwanz der gegenseitigen Abhängigkeiten der Festanstellungen gehandelt werden. Die Form der Arbeit ist eine selbstbestimmte Arbeit, in der die „Arbeitnehmer“ einen großen Entscheidungsspielraum haben. Die Arbeit ist gleichzeitig viel effizienter.

Mithilfe des Internets ist eine funktionierende Kommunikationsform entstanden, die nicht hierarchisch, sondern gleichberechtigt funktioniert. Der von den Linken so argwöhnisch beäugte Markt zeigt sich dabei als durchaus positiv.

Das Cluetrain-Manifest, eine Stellungnahme zur Wirkung der Entwicklungen auf dem IT-Sektor von Seiten der Programmierer - fasst diese Gedanken so:
"1. Märkte sind Gespräche.
2. Die Märkte bestehen aus Menschen, nicht aus demographischen Kategorien.
3. Gespräche zwischen Menschen klingen menschlich. Sie werden mit menschlicher Stimme geführt.
4. Ob es darum geht, Informationen weiterzugeben oder um Meinungen, zu streiten oder witzig zu sein - die menschliche Stimme ist offen, natürlich, nicht aufgesetzt."


Mit der rapiden Entwicklung des Internets und seiner Ausbreitung entsteht bereits der so arg benötigte Paradigmenwechsel: Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die treibende Kraft dieser Entwicklung junge unorthodoxe Programmierer sind und die Kommunikation im Internet von Anfang an eine gleichberechtigte vernetzte und keine hierarchische war und ist.

„Unternehmen, die nicht begreifen, daß ihre Märkte von Person zu Person vernetzt sind, deshalb immer pfiffiger werden und sich darüber unterhalten, versäumen ihre beste Chance“, schreiben die Verfasser des Cluetrain-Manifests und sind sich bewusst, dass diese Vernetzung eine Transformation der alten hierarchischen Unternehmensstrukturen beinhalten.

Diese Transformation beinhaltet folgendes:
[Hierarchische] Organigramme haben in der alten Ökonomie funktioniert, als Planungen und Direktiven von der Spitze der Pyramide zur Basis durchgereicht wurden.

In der alten Ökonomie war es beabsichtigt, ein Informationsgefälle zu etablieren. Das bedeutet, dass in dieser pyramidischen Struktur die Leute an der Spitze „alle“, die Leute unten an der Basis nur kleinste Portionen des Wissens über Strategie, Planung, etc. hatten.

In der modernen Ökonomie ist es in immer mehr Bereichen absolut notwendig, dass die Teilnehmer einer Aufgabenerledigung über alle Aspekte der Aufgabe informiert sind, zudem wird es zunehmend schwieriger, Informationen abzuschotten bzw. die Informationen sind viel freier verfügbar, da die Kommunikationskultur ein Netzwerk darstellt, in dem alle Teilenehmer mit allen anderen verbunden sind.

„Das zeitgemäße Organigramm bildet keine Hierarchie ab“, sondern ein Netzwerk oder ein Team, das nur funktioniert, wenn alle Teilnehmer zusammen und einander zu arbeiten. Dabei kann nicht mehr einer alleine Entscheidungen fällen, sondern alle Teilnehmer müssen ständig selbst Entscheidungen treffen. „Die Autorität des praktischen Wissens erübrigt nicht nur Titel, oft auch Positionen.“

Die ganze Krankheit des alten autoritären Systems, das unabhängig von Kapitalismus oder Sozialismus überall angewandt wurde, findet sich in diesem Zitat des Cluetrain-Manifests:
„Autoritäre Führungsgewohnheiten speisen sich aus der Bürokratie und vervielfältigen sie. Sie befördern Intrigantentum und schaffen ein paranoides Mobbingklima. Paranoia vernichtet die Gesprächskultur, das ist ihr Zweck. Aber der Mangel an offenem Gespräch [führt heute zur Vernichtung von Unternehmen]."

Wir sehen, dass hier eine Form der Zusammenarbeit beschrieben wird, die tatsächlich eine selbstbestimmt und unabhängige Form der Arbeitsorganisation ermöglicht.
Die Beschleunigung und Befreiung des Wissens und der Kommunikation schafft große Freiheiten. Der Markt, auf dem dieses Wissen gehandelt wird, ist ein ziemlich freier Markt (anders als die Produktmärkte und die herkömmlichen Arbeitsmärkte). Anbieter dieses Wissens haben eine sehr starke Position, weil die Unternehmen es verstärkt nachfragen und ein Mangel an qualifizierten Fachkräften in großem Ausmaß attestiert wird.

Das Internet bewirkt eine radikale Veränderung der Kommunikation. Da wir in Sprachwelten leben, bedeutet dies einen radikalen Wandel. Die virtuelle Welt – kein schöner Name, Cyberspace klingt da schon besser –, ermöglicht eine viel freiere, gleichere und schnellere Kommunikation. Die Welt des Internet ist eine kommunikative, geistige Welt. In ihr sind Ortsbarrieren aufgehoben, die Ortsdimension existiert nicht mehr in der herkömmlichen Art. Gleichzeitig scheint auch die Zeit eine andere Rolle zu spielen. Zumindest ist eine enorme Beschleunigung der Kommunikation zu bemerken. Nicht umsonst wird angemerkt, dass die neue Technologie ähnlich einschneidende Wirkungen wir die Buchdruckkunst habe.

Die dritte Dimension, die im Internet immer wichtiger wird, ist die des Wissens. Die Wissensvermittlung gerät im Sog der Kommunikationsbeschleunigung auch in Bewegung. Sie geht viel schneller vor sich. Cyberwissen ist deshalb fast schon eine neue Form von Wissen.

Virtuelle Organisationen sind mittels des Internet entstanden. In ihnen gelten andere Regeln und andere Umgangs- und Kommunikationsformen haben sich herausgebildet. Diese virtuellen Organisationen, die übers Internet kommunizieren, stellen eine neue Form der Institutionen dar. Denn Virtualität bedeutet, daß hier, in welcher Form auch immer, eine Hinwendung von ortsgebundener zu ortsunabhängiger Zusammenarbeit sich entwickelt. Dadurch erfahren sowohl die Zeiten, die Zeitdimension der Zusammenarbeit als auch die Struktur der Organisationen selber eine radikale Neuorientierung.
Beispielsweise könnte eine Organisation mit drei Teams die Tagesarbeitszeit aushebeln. Wenn jedes der drei Teams sich in einer anderen Zeitzone befindet und die Möglichkeit der reibungslosen Zusammenarbeit gegeben ist, was durch das Internet und durch Knowledge Management durchaus möglich ist, ist in einem Tag die Arbeit von drei Tagen erledigt worden.
Virtualität bedeutet zunächst immer eine Transzendenz der Raumdimension. Da Wissen und Wissensvermittlung eine immer größere Bedeutung erhält, ist die schnelle und ortsunabhängige Vermittlung von Wissen eine Überwindung des Raumes. Die Übergabe, die Kommunikation findet nicht mehr im Gegenüber statt, sondern in der virtuellen, elektronischen Vermittlung von Wissen, Arbeit, Dokumenten und Meinungen.
Die Möglichkeiten, die dadurch entstehen, sind gewaltig. Wenn Menschen nicht mehr zusammenkommen müssen, um miteinander zu kommunizieren, um zusammen zu arbeiten, um sich auszutauschen, dann könnte endlich z.B. das Problem des Personenverkehrs gelöst werden. Auch die Städte könnten eine radikale Veränderung erfahren.

[zurück zum Anfang]



© 2002 km 21.0 - diese Seite ist Bestandteil von www.km21.org