morgens in lima...

Miloš Boniek

Dunst lastet schwer und grau auf den Dächern der Kolonialgebäude, feuchte Kälte kriecht die Hosenbeine herauf, während ich unter dem ausladenden Holzbalkon warte, der die Gasse noch enger macht. Dann knattert ein klappriger Käfer um die Ecke, hinter der Windschutzscheibe ein Taxischild, und hält auf mein Winken. Mißtrauisch stecke ich meinen Kopf in die Tür, doch der Preis, den der Fahrer nennt, ist in Ordnung, ich steige ein. Am Ende der Gasse taucht eine Straßensperre auf. Unauffällig suche ich den Boden vor meinem Sitz nach verdächtigen Plastikpäckchen ab. Mir wird heiß, als mir all die Geschichten über Taxifahrer, die mit der Drogenpolizei zusammenarbeiten, durch den Kopf schießen. Doch der Polizist interessiert sich nur für die Wagen, die in die Altstadt hineinwollen, und nicht für meine Dollars. Ich atme erleichtert auf.

Wir verlassen die Altstadt und biegen in eine breite Avenida, auf der sich der Morgenverkehr drängt, uralte Busse, unzählige Käfer, ein paar schicke Schlitten, überschattet von der bunkerartigen Betonfassade des dreißigstöckigen Sheraton. Was macht der Fahrer jetzt? Er biegt in eine kleine Seitenstraße ab, mitten in ein trostloses, übles Viertel hinein. Autowerkstätten, verrammelte Läden, Kleinfabriken reihen sich aneinander, die Fassaden sind verrußt und verdreckt. Niemand ist auf der Straße. Mühsam versuche ich die Straßennamen zu entdecken, um Herr der Lage zu bleiben, falls etwas Unvorhergesehenes passiert. Rechts und links, um Schlaglöcher herum, und wieder links. Auf einmal bleiben wir in einem Durcheinander aus Bussen, Taxen, Lastern und Menschen stecken. Auf dem Bürgersteig bieten fliegende Händler Trinkwasser, Zigaretten und Einwegrasierer an.

Ich steige aus und gehe schnell durch das Gewühl ins Terminal der Busgesellschaft. In der Schalterhalle sitzen angespannt Passagiere, die etwas zu verlieren haben: reiche Peruanerinnen in teuren Klamotten, Geschäftsleute, eine Handvoll Traveller mit Hi-Tech-Rucksäcken, und warten auf die Abfahrt eines De Luxe-Busses. Die Halle, in der der Bus startklar gemacht wird, gleicht einem Hochsicherheitstrakt. Das Gepäck wird durch Stahlgitter gereicht und von Wachmännern numeriert und verladen. Irgendwann, nach endlosen Minuten das Zeichen zum Einsteigen. Wieder und wieder werden die Fahrkarten überprüft, erst als alle sitzen und die Tür zu ist, wird das Garagentor geöffnet. Einem Truppentransporter gleich, der durch feindliche Linien muß, rollt der Bus ins Getümmel der Vorstadt.

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