archiv mailingliste km 21.0

April - Juni 1999
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 Von: km21@c-base.org (24.06.1999)
An: km21@c-base.org
 [km 21.0:] ExcitePal

Hallo Leute,

auf dem km21.0-Wochenende, dass Niels so trefflich zusammengefasst hat, kam
der Vorschlag auf, einen Weg zu finden, der die direkte
Online-Kommunikation zwischen den km21.0-Mitgliedern ermöglicht.
Hier mein Vorschlag, EcitePal. Benutze ich schon lange und ist also bereits
erprobt. Es ist zwar nicht so verbreitet wie ICQ, dafür aber erheblich
unkomplizierter. Wenn man die Software installiert hat und gemeldet ist,
kann man, wenn man online ist, Listen über seine Freunde oder eben
km21.0-Mitglieder führen, und wenn diese ebenfalls gemeldet und online
sind, kann man das auf diesen Listen erkennen und einen eigenen
"Chat"-Kanal eröffnen. Ganz privat und mit der Möglichkeit, weitere
Gesprächspartner zu einer Konferenz zu bitten und einzuladen, sofern diese
ebenfalls online sind. Ich persönlich benutze es häufig und habe
hervorragende Erfahrungen damit gemacht.
Zu Anmeldung, Download und Installation (ich bin gebeten worden, das so
detailliert wie möglich zu machen:
Unter der URL http://www.excite.com/communities/pal/home/ geht man auf
SignUp/Download und kommt auf eine Formularseite zur Anmeldung. Dort
sollten alle roten Felder ausgefüllt werden, ob mit den richtigen
persönlichen Daten, ist eigentlich egal, wichtig sind nur Email-Adresse
(zur Wiedererkennung für die anderen) und das Passwort (aus
offensichtlichen Gründen ;-). Es empfiehlt sich noch, die Haken aus den
unteren Kästen zu nehmen.
Nach der Registrierung kann der Download beginnen, das dauert nicht lange
(ca. 640 Kb). Nach dem Click auf "Download", erscheint ein "Save As" oder
"Speichern als" window. Dort sollte "Desktop" gewählt werden, um die Datei
später von dort zu starten. Dann "Speichern" drücken. Die runtergeladene
Datei wird dann "PAL2Ex11112.exe" heissen und sollte dann auf dem Desktop sein.
Nach dem Download, die datei doppelklicken. Die Excite PAL software wird
dann auf dem hard drive installiert. Es empfiehlt sich, die default
settings zu verwenden, ausser Ihr habt einen speziellen Download-Ordner.
Wenn ihr alle vorgegebenen Schritte vollzogen habt, könnt Ihr das
"PAL2Ex1112.exe"-Icon vom  desktop löschen. 
Nach der Installation und Anmeldung gibt es zwei Möglichkeiten Excite PAL
zu starten:
á Ist die Installation erscheint die Frage, ob Excite PAL sofort gestartet
werden soll
Oder
á auf das PAL-Icon gehen, dass jetzt in der Startleiste sein sollte. 
Falls Ihr Fragen habt, meldet Euch bei mir. Ich bin schon gespannt, auf wen
ich demnächst Online treffe.
bis dann, viel Spass und viel Grüsse, No Parmesan

Franzl


Von: km21@c-base.org (23.06.1999)
An: km21@c-base.org
 [km 21.0:] Ruhe nach dem Sturm - Versuch einer_

RUHE NACH DEM STURM
(keineswegs unparteiische Analyse einer hitzigen Debatte beim km
21.0-Treffen)
Fangen wir da an, worüber Einigkeit besteht: Der Kosovo-Krieg war (?)
völkerrechtlich nicht gerechtfertigt.
Wer den Nato-Angriff auf Jugoslawien verurteilt, wird von denjenigen als
Legalist abgetan, die den Angriff der Nato auf Jugoslawien für moralisch
legitim, ja zwingend halten.
Denn im Falle des Kosovos hätten Menschenrecht und Völkerrecht im Konflikt
gestanden, argumentieren die Humanitaristen. Um die albanischen Kosovaren
vor den ethnischen Säuberungen durch die Serben zu schützen und ihre
Menschenrechte durchzusetzen, war es moralische Pflicht, sich über das
Völkerrecht hinwegzusetzen.
Wer das Völkerrecht bricht, sollte nicht leichtfertig sein, schon gar nicht
der Westen. Er sollte sich ganz unaufgeregt drei Nachfragen gefallen
lassen:
1.  Stimmt die Prämisse, ethnische Säuberungen seien im Gang gewesen, b e v
o r  die Nato ihr Bombardement aufnahm?
2.  Falls ja, war das Bombardement militärisch zielführend, und blieb die
Verhältnismäßigkeit der Mittel gewahrt?
3.  Der Nato-Angriff auf Jugoslawien kann nicht nur juristisch und
moralisch, sondern politisch bewertet werden: War das Bombardement politisch
vertretbar?
Frage 1 läßt sich nicht leicht beantworten. Die Berichte der OSZE-Beobachter
kommen auf 800 Tote im Kosovo für 1998. Diese sollen aber im wesentlichen
auf den militärischen Konflikt UCK gegen jugoslawische Bundesarmee
zurückgegangen sein. Fakt ist auch, daß am 24 März 1999 noch keine
Massenvertreibung von albanischen Kosovaren im Gange war. Es gab allerdings
vor diesem Tag Berichte (z.B. im Auswärtigen Amt), die von detaillierten,
fertig ausgearbeiteten Vertreibungsplänen der serbischen Seite (Behörden,
Armee, Freischärler?) sprachen.
Frage 2 läßt sich nicht einmal bei moralischem Wohlwollen mit Ja
beantworten. Das massive Nato-Bombardement hat die Vertreibung der
albanischen Kosovaren nicht verhindert und die gesamte zivile Infrastruktur
Serbiens in Schutt und Asche gelegt. Dafür gab es keinen zwingenden Grund:
Serbien ist keine Militärdiktatur, in der die Gesellschaft durchgehend
militarisiert ist, so daß eine Unterscheidung zwischen militärisch und zivil
hinfällig wäre. Auf einen Bodenkrieg wurde unter Rücksicht auf
innenpolitische Verhältnisse in den beteiligten Nato-Staaten verzichtet, und
nicht aus humanitären Gründen. Das macht die Ernsthaftigkeit der moralischen
Argumentation zumindest zweifelhaft.
Frage 3 ist nicht nebensächlich: Die Mißachtung Rußlands bei der
Entscheidung, Serbien zu bombardieren, sowie die Zerstörung der chinesischen
Botschaft in Belgrad haben die politische Zusammenarbeit im
Weltsicherheitsrat für die Zukunft nicht gerade gefördert. Auch ihre
Glaubwürdigkeit hat gelitten: Die Nato hat Muskeln gezeigt, und das
verschafft ihr sicherlich überall Respekt, aber sie ist offensichtlich ein
ungeschlachter Rüpel, der ein Haus zertrümmert, um eine Maus zu fangen. Des
weiteren hat sie mit ihrer Doppelmoral im Vergleich zu anderen
vergleichbaren Konflikten ihre Integrität beschädigt. 
Wie wird sich das Verhältnis UNO-Nato entwickeln? Emanzipiert sich die EU
sich jetzt im Bündnis von den USA, wird die Stellung der UNO wieder
aufgewertet. Tut sie das nicht, ist tatsächlich zu befürchten, daß die Nato
allmählich die Position zu übernehmen versucht, die die UNO haben sollte,
aufgrund mangelnder  Einheitlichkeit und Durchsetzungsfähigkeit nicht hat.
Ein Konflikt mit Rußland und China ist dann absehbar.

Niels Boeing, 21. Juni 1999


Von: km21@c-base.org (17.06.1999)
An:   km21_liste
 [km 21.0:] km 21.0 trifft sich

Einige von km 21.0 kommen am Wochenende endlich einmal leibhaftig zum Diskutieren
 zusammen. Nach eindreiviertel Jahren ausschliesslicher Cyber-Diskussion (im
 doppelten Wortsinn womäglich). 
Anders als bisher geht es nicht um Werte, Wissenschaft, Kapitalismus etc... als
 solche sondern um km 21.0, um uns, um unsere (Un-)fähigkeit, grosse politische
 Gedanken in Taten umzusetzen, Meinungen wenigstens äffentlich zu artikulieren.
Es geht darum, km 21.0 zu erden. Ganz einfach. Vermutlich wird das gar nicht
 einfach. Weil wir alle bestochen sind von Erfolg, Konsum, Karriere oder erschlagen
 von Misserfolg,  Frustrationen, geplatzten Illusionen.
Lest noch einmal das Manifest "Die 98er", das im März 97 im Freitag erschien und
 viele Leute ansprach (www.c-base.org/km21/texte/98er.htm). Ist das so utopisch, was
 da drin steht? Was hat es mit uns, da wo wir jetzt sind, zu tun?
"Idealisten müsst Ihr sein, noch nicht vom Geld betäubt, ein bisschen verrückt,
 zumindest aber so gefühlvoll, dass Ihr vom Leben noch etwas mitbekommt"
(www.c-base.org/km21/texte/manifest.htm).

Boil


Von: km21@c-base.org (17.06.1999)
An: km21@c-base.org
 [km 21.0:] Was soll km21

Hallo, 
ein paar Kleinigkeiten zum Text von E.Runkel:
Absatz 2:
In der westlich orientierten Kultur lieben wir es tatsaechlich
mechanistisch kausal zu denken. Zumindest seit ca 250 Jahren. Aber der
gesamten Marxismus faellt sicher nicht in die Kategorie einer
dualistischen Logik. Die im Moment erfolgreichen Theorien in der Physik
sind ebenfalls sehr undeterministisch, geradezu unlogisch. Dies sind sie
auch schon seit 80 Jahren, will sagen eine Wechselwirkung mit der
restlichen (nicht akademisch-physikalischen) Welt findet schon laengst
statt. Die Postmoderne ist wohl auch "unserer Kultur" zuzuordnen. 
Klar, in grossen Teilen verlaeuft unser Denken in den mechnistischen
Bahnen, aber eben nicht ausschliesslich. Und: die grosse Beliebigkeit
beginnt sich doch gerade erst in der Gesellschft auszubreiten. Anything
goes on der Daten-Autobahn.
Absatz 1: 
Du schreibst: die Loesungen bestehen aus der gleichen Substanz wie die
Probleme. Stimmt. 
Innerhalb des "mechanistischen" Systems kann nan mit unserer "kausalen und
reduktiven" Ausbildung allerdings sehr gut Widersprueche entdecken,
Loesungen formulieren etc. Man muss alles zulassen, logisch-analytisches
Denken eingeschlossen: Mit traditioneller chinesischer Medizin loese ich
nicht das Aergernis des Kapitalismus. Mit volkswirtschaftlicher Logik
lassen sich Auswege eher formulieren (allerdings nicht von mir).
Absatz 3+4:
Ich schliesse mich der Meinung von Moritz an. 
Aber was soll km21.
Ich bin gespannt.

Knut


Von: km21@c-base.org (15.06.1999)
An: Niels Boeing,   devrim_karahasan,   justin,   justin_sturm,   kai, 
  km21.0_excite,   km21_liste,   knut,   martin,   ritschi,   robert,   silvia
 [km 21.0:] Re: was soll km 21.0?

>Das Problem unserer Kultur besteht darin, daß wir mechanistisch kausal und reduktiv
 denken, und dieses in >dualistischer Spaltung, d.h. immer unter dem Zwang zwischen
 richtig und falsch zu entscheiden. Da diese >Kategorien des Denkens das Problem
 verursachen, ist es müßig, in den gleichen Kategorien nach Lösungen >zu suchen. Da
 wird der Bock zum Gärtner.
>Ich bin der Meinung, daß alle Betrachtungen überflüssig  sind, die nicht von den
 tatsächlichen >handlungsverursachenden Strukturen ausgehen. 
>Die Fragestellung lautet also: Wie sehen die kollektiven handlungsverursachenden
 Strukturen aus ? Wie >wirken sich diese Strukturen auf  Subkollektive aus, d.h. auf
 einzelne Kultur-
>kreise ? Wie wirken diese wiederum auf das Individuum? Und wie wirkt das Individuum
 wieder umgekehrt in >der Kette rückwärts?
Well, meinem Verstaendnis von Denken nach ist die Suche nach handlungsverursachenden
 Strukturen ebenfalls mechanistisch kausal und reduktiv. Und eine Art der
 Betrachtung von Welt (handlungsverursachende Strukturen) als die allein wertvolle
 darzustellen, bist Du da nicht selbst im Zwang, zwischen richtig und falsch zu
 entscheiden, befangen ? Ein guter Gaertner wird in der Regel viele verschieden
 Blumen wachsen lassen. 
>Der philosophischen Frage "was sollen wir tun?" können wir nur dann nähertreten,
 wenn wir verstehen, daß >das individuell Handlungsverursachende apriorisch und dem
 Individuum transzendent ist. 
Schoen gesagt, kannst Du das auch noch in einem kleinen Absatz etwas
 allgemeinverstaendlicher ausdruecken? 

Moritz


Von: Technolog Sicherheits-Logistic (14.06.1999)
An: Niels Boeing@woche.de
 km 21

Hallo Niels,
den km 21 habe ich mir ausgedruckt und quergelesen. Kommentar: recht süss was sich
 alles so denken lässt. Problem: Die Denkweise ist, gemäss akademischer Erziehung,
 kausal und reduktiv. Damit ist Euer Beginnen uroborisch, d.h., die Lösungen
 bestehen aus der gleichen Substanz wie die Probleme.
Das Problem unserer Kultur besteht darin, dass wir mechanistisch kausal und reduktiv
 denken, und dieses in dualistischer Spaltung, d.h. immer unter dem Zwang zwischen
 richtig und falsch zu entscheiden. Da diese Kategorien des Denkens das Problem
 verursachen, ist es müssig, in den gleichen Kategorien nach Lösungen zu suchen. Da
 wird der Bock zum Gärtner.
Ich bin der Meinung, dass alle Betrachtungen überflüssig  sind, die nicht von den
 tatsächlichen handlungsverursachenden Strukturen ausgehen. Die hypothetische und
 unbegründete Auffassung, dass wir zu unserer Umwelt in einem
 Subjekt-Objekt-Verhältnis stehen, lässt uns Gedanken und Wünsche formulieren auf dem
 Qualitätsniveau von Fritzchen, das sich wünscht Lokomotivführer zu werden.
 Tatsächlich ist die Beziehung aber eine wechselwirkende Subjekt zu Subjekt
 Beziehung. Die Welt bewirkt, dass Fritzchen kein Lokomotivführer wird und Fritzchen
 rettet sich zum Schluss in die höhere Beamtenlaufbahn. Hat er das wirklich gewollt?
 Er ist gewollt worden!
Die Fragestellung lautet also: Wie sehen die kollektiven handlungsverursachenden
 Strukturen aus ? Wie wirken sich diese Strukturen auf  Subkollektive aus, d.h. auf
 einzelne Kultur-
kreise ? Wie wirken diese wiederum auf das Individuum? Und wie wirkt das Individuum
 wieder umgekehrt in der Kette rückwärts?
Der philosophischen Frage "was sollen wir tun?" können wir nur dann nähertreten,
 wenn wir verstehen, dass das individuell Handlungsverursachende apriorisch und dem
 Individuum transzendent ist. 

Gruss

Eric Runkel


Von: km21@c-base.org (02.06.1999)
An: km21@c-base.org
 [km 21.0:] Rundbrief 99.3: Gedanken zur Emigration

Rundbrief 99.3

Gedanken zur Emigration

Fragen, vor allem eine: Was soll das alles? 
Ein sich beschleunigendes Leben, lauter,heftiger, brutaler und nur so zu
ertragen und doch immer weniger selbst erlebt, Leben aus zweiter Hand, der
Alltag, lesen und sehen, daß andere Menschen so und nicht anders leben, daß
Dinge passieren auf dem Globus, in jeder Sekunde, Dinge die groß sein
sollen, und doch so banal sind wie das, was wir selbst erleben, mit vielen
Zerstörungen, winzigen tiefen Dolchwunden, da fühlen wir immerhin, daß wir
sind, noch nicht anästhesiert von Bildern, Farben und Beats, die
unverhältnismäßig sind, das Verlangen anstacheln, die Dosis an Bildern,
Farben und Beats zu erhöhen, um überhaupt noch aus dem einelei schauen zu
können, sich nicht rumkommandieren lassen zu müssen, sich nicht verkaufen zu
müssen, um rund um die Uhr jede Idee, jeden Wunsch auf dem Basar der
Eitelkeiten und Machtgelüste feil zu bieten, einfach zu sein und dabei zu
verschwinden in orgiastischen Gefühlen, unterzugehen, nicht mehr auftauchen
zu müssen - schluckend, spuckend, um sich schlagend - nein einfach zu sinken
bis auf auf den Grund, tiefer und tiefer in die Abgründe unseres eigenen
Lebens, hinab auf den Grund. 

Milos Boniek


Von: km21@c-base.org (20.05.1999)
 An: km21@c-base.org 
 Kopie: Philipp.Mueller@ruhr-uni-bochum, 
 RE>[km 21.0:] Kosovo 

 Hallo,
 es folgt eine Reply von D. auf Matthias' letzte mail.
 Matthias schrieb: 
 >Zunaechst bin ich ein wenig enttauescht, von Deinem Diskussionstil, D., 
 >wenn Du schreibst: 
 >
 >>Matthias schrieb: 
 >>>Dennoch: ich glaube, daß es ein gerechter Krieg ist.
 >>Diese Aussage übergehe ich lieber... 
 > 
 >Wozu zitierst Du meine Aussage, wenn Du Sie dann "lieber uebergehst"?
 >Du behandelst meine Aussage (die ich nicht leichtfertig geaeussert, sondern 
 >wohl begruendet habe) wie eine gotteslaesterung, oder moderner 
 >ausgedrueckt, ein Verstoss gegen die politcal correctness. Darf man nicht 
 >sagen, dass man einen Krieg fuer gerecht haelt? Ich faende es schade, wenn 
 >wir Denk-Tabus in dieser Liste aufbauen wuerden - und empfinde Deine 
 >Bemerkung als unfreundlich. 
 D.: Was denn nun: lieber unfreundlich oder politically correct? Sorry 
 jedoch, wenn ich eine "wohlbegründete" Aussage als Polemik empfunden habe. 
 Im übrigen: Kannst Du die Gerechtigkeit eines Krieges wirklich so einfach 
 "wohl begründen"? Ich habe da zugegebenermaßen ernste Schwierigkeiten. 
 Matthias fuhr fort: 
 >Und nun zum inhaltlichen, D.. Du fuhrst fort mit den Worten:
 >>Bleibt nur die Frage: Wie kommt die NATO dazu, woher nimmt sie sich die 
 >>Legitimation, einen Angriffskrieg zu führen, dem offensichtlich kein 
 >>Verteidigungsfall vorausging? Moralische Überlegenheitsüberlegungen sind 
 >>mir zuwider und deshalb fühle ich mich auch in meiner pazifistischen 
 >>Haltung zur Zeit anderen keineswegs moralisch überlegen, sondern höchstens 
 >>in einer unerfreulichen Minderheitenposition. 
 und fuhr weiter fort: 
 >Ich glaube nicht, dass es bei diesem Nato-Einsatz um Moral geht. Es geht 
 >darum, konkret zu helfen, naemlich einer ethnischen Minderheit, die im 
 >eigenen Land nicht mehr sicher ist. 
 >Du hast natuerlich recht, D., wenn Du auf die fehlende Legitmation 
 >hinweist, damit habe ich auch ein Problem. Aber die Frage ist doch: Darf 
 >man die Hilfe mit dem Verweis auf Voelkerrecht (aber auch dem zu 
 >erwartenden Veto von China und Russland) verweigern oder mit dem Hinweis 
 >auf die Nato-Satzung (die ja inzwischen auf der Jubilaeumssitzung des 
 >Paktes an die Realitaet angepasst wurde)? 
 D.: Entschuldige, wenn ich deinen Hinweis, daß es nicht um Moral sondern 
 um Helfen gehe, absurd finde. Zum einen: "Helfen" klingt angesichts der 
 Opfer und der Langzeitschäden, die dieser Krieg bislang gefordert hat, wie 
 purer Hohn. Du kannst nicht einfach die "ethnische Minderheit", um die es 
 hier angeblich geht, aussortieren und der Rest sieht eben, wo er bleibt, 
 wenn die Bomben fliegen; im übrigen sind es doch gerade die Angreifer, die 
 mit der Moral argumentieren, um vor sich und anderen ihren meiner Meinung 
 nach anmaßenden "Eingriff" zu rechtfertigen; zum anderen: Ist helfen etwa 
 nicht moralisch? Ich selbst habe übrigens versucht, moralische Argumente von 
 mir zu weisen. 
 Was ich den Serben mittlerweile von ganzem Herzen wünsche, ist, daß sie 
 ihren dämlichen Diktator selber loswerden. 
 Ich hoffe auf weitere Kontroversen, Matti, wenn ich schon mein eigenes 
 Diktum des Schweigens nicht einzuhalten vermag, angesichts des Kribbelns in 
 den Fingern...(vielleicht klären wir etwaige Restbestände an vermeintlicher 
 Argumentation besser unter uns, bevor sich die anderen von unserem Disput 
 nur gelangweilt fühlen). Oder was meinen die anderen dazu? 
 Liebe Grüße, 
 devrim

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Von: km21@c-base.org (20.05.1999) 
An: km21@c-base.org
[km 21.0:] Kosovo 

 Diese Mail ist von Matthias Urbach (ich erspare Euch die Geschichte hinter 
 meiner hotmailadresse.) 

 Hallo allerseits,
 liebe Gruesse aus Montreal. Trotz Urlaub wollte ich auf D.s Beitrag 
 antworten. 
 Zunaechst bin ich ein wenig enttauescht, von Deinem Diskussionstil, D., 
 wenn Du schreibst: 
 >Matthias schrieb:
 >>Dennoch: ich glaube, daß es ein gerechter Krieg ist. 
 >Diese Aussage übergehe ich lieber... 
 Wozu zitierst Du meine Aussage, wenn Du Sie dann "lieber uebergehst"? 
 Du behandelst meine Aussage (die ich nicht leichtfertig geaeussert, sondern 
 wohl begruendet habe) wie eine gotteslaesterung, oder moderner ausgedrueckt, 
 ein Verstoss gegen die politcal correctness. Darf man nicht sagen, dass man 
 einen Krieg fuer gerecht haelt? Ich faende es schade, wenn wir Denk-Tabus in 
 dieser Liste aufbauen wuerden - und empfinde Deine Bemerkung als 
 unfreundlich. 
 Und nun zum inhaltlichen, D.. Du fuhrst fort mit den Worten:
 >Bleibt nur die Frage: Wie kommt die NATO dazu, woher nimmt sie sich die 
 >Legitimation, einen Angriffskrieg zu führen, dem offensichtlich kein 
 >Verteidigungsfall vorausging? Moralische Überlegenheitsüberlegungen sind 
 >mir zuwider und deshalb fühle ich mich auch in meiner pazifistischen 
 >Haltung zur Zeit anderen keineswegs moralisch überlegen, sondern höchstens 
 >in einer unerfreulichen Minderheitenposition. 
 Ich glaube nicht, dass es bei diesem Nato-Einsatz um Moral geht. Es geht 
 darum, konkret zu helfen, naemlich einer ethnischen Minderheit, die im 
 eigenen Land nicht mehr sicher ist. 
 Du hast natuerlich recht, D., wenn Du auf die fehlende Legitmation 
 hinweist, damit habe ich auch ein Problem. Aber die Frage ist doch: Darf man 
 die Hilfe mit dem Verweis auf Voelkerrecht (aber auch dem zu erwartenden 
 Veto von China und Russland) verweigern oder mit dem Hinweis auf die 
 Nato-Satzung (die ja inzwischen auf der Jubilaeumssitzung des Paktes an die 
 Realitaet angepasst wurde)? 
 Da kommen wir wieder auf die Frage zurueck, ob dieser Einsatz politisch klug 
 ist, und da bin ich auch nicht ganz sicher. Natuerlich kann man nicht immer 
 helfen, und natuerlich kann eine (selbst gut gemeinte Hilfe daneben gehen). 
 Natuerlich hat die Nato nicht waehrend es Massakers auf dem Platz des 
 Himmlischen Friedens interveniert und wuerde auch in Russland in einer 
 aehnlichen Situation wie im Kosovo nicht eingreifen, weil das einen 
 Weltkrieg heraufbeschwoeren wuerde. Ausserdem hat sie natuerlich mit der 
 Bombardierung der chinesischen Botschaft kuenftig noch weniger Einfluss auf 
 Chinas Menschenrechtspolitik - doch einen dritten Weltkrieg hat sie damit 
 nicht leichtfertig riskiert. Davon ist die Situation weit entfernt. China 
 weiss das vielmehr geschickt fuer seine Zwecke zu nutzen und reagiert sehr 
 besonnen und dosiert. 
 Leider ist die Sache natuerlich nicht so einfach, weil auch einige 
 Nato-Staaten eigene Ziele mit der Kosovo-Intervention verfolgen: Sie 
 verschafft der Nato nach dem Kalten Krieg einen neuen Sinn, obwohl ich 
 hoffe, dass die Nato-Laender auf immer zu uneins und pluralistisch bleiben 
 werden, um der Versuchung zu erlegen, selbstherrlich Weltpolizei zu spielen. 
 Dass die Nato versehntlich und gewollt immer mehr Zivilisten umbringt, finde 
 auch ich schrecklich. Vor allem der Angriff auf den Belgrader Fernsehsender 
 ist nicht hinnehmbar und im uebrigen ein Verstoss gegen die Genfer 
 Konvention. 
 Und natuerlich stellt sich die Frage, wie lange die eigentliche Sache die 
 vielen Toten noch rechtfertigt. 
 Meines Erachtens liegt das eigentliche Problem aber darin, dass die Nato von 
 Anfang an Bodentruppen ausgeschlossen hat. Milosevic ist aber klar, was auch 
 viele Militaerexperten ausserhalb der Nato von Anfang an gesagt haben (- und 
 inzwischen laut Newsweek offenbar auch das Pentagon): Aus der Luft allein 
 ist der Krieg nicht (oder nicht schnell genug) zu gewinnen. 
 Ich bin bin daher auch pessistisch, was die Aussicht der bisherigen 
 Strategie der Nato anbelangt. Inzwischen laeuft der Nato die Zeit davon: Es 
 ist unsicher, ob es selbst bei einem schnellen Nachgeben Milosevic noch 
 moeglich ist, die Fluechtlinge zurueckzufuhren und in ihrer Heimat auf den 
 Winter vorzubereiten. (Der economist haelt das bereits jetzt fuer 
 unmoeglich). 
 Ohne zumindest die Drohung des Einsatzes des Heeres glaube ich nicht an 
 einen Erfolg. Wie konnten die Militaers der Nato nur so naiv sein? (Oder 
 haben sie von Anfang an auf den Einsatz von Bodentruppen gesetzt und sind 
 davon ausgegangen, dass das politisch erst nach einem langen Bombardement 
 durchzusetzen ist?) 
 Natuerlich ist nicht sicher, ob die Drohung mit Bodentruppen reicht - wir 
 wissen ja, wie das mit Drohungen ist... 
 Keine schoene Situation also, aber ich weiss nicht, ob ich mich besser 
 fuehlen wuerde, wenn die Nato-Staaten nachgegeben haetten. 

 Beste Gruesse 
 (und nichts fuer ungut D.)

 Matthias

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 Von: km21@c-base.org (13.05.1999)
 An: km21@c-base.org 
 RE>[km 21.0:] Re: Kosovo

 Hallo,
 Es folgt eine späte reply auf Matthias' Beitrag, für die ich eine Anzeige 
 von IPPNW (Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs) 
 heranziehe, die in der taz vom 12.5. die Delegierten des Sonderparteitags 
 der Grünen dazu aufrufen, ihren Einfluß geltend zu machen, um eine weitere 
 Eskalation des Kriegs zu verhindern. Auch wenn es nicht sonderlich 
 interessiert, was die deutschen Grünen auf ihrem Sonderparteitag 
 beschliessen werden, frage ich mich, wann es endlich mal zu einer klaren 
 Oppositionshaltung zu diesem Krieg kommen wird. Auch ich war anfangs 
 unentschlossen - nicht zuletzt seit der Häufung von "Kollateralschäden" - 
 wie es so schön in NATO-Deutsch heißt - und, man muß fast sagen, der 
 Eskalationsstrategie der NATO, bin ich jedoch eindeutig gegen diesen Krieg 
 und seine unabsehbaren Folgen. 
         Matthias schrieb:
         Womit wir bei meiner Haltung sind: Ich stimme zu. 
         Und ich glaube, daß das Argument mit dem WK III - wie das hier so               cool 
 abgekürzt wurde - also das Argument mit dem Dritten                             Weltkrieg       wohl eher 
 selbst das Gedankenspiel ist. Und zunächst 
         an der Frage verbeilenkt, wie wir uns zu dem Krieg verhalten                    sollten. 
 Bei allem, was man der Nato an Ungeschick zu Recht                      unterstellen kann, so 
 habe ich nicht den Eindruck, daß sie einen              Dritten Weltkrieg riskiert oder 
 riskieren würde. Und gerade der                 deutsche Außenminister Fischer hat doch
 versucht, Rußland wieder                stärker einzubinden mit seinem Friedensplan. 
 IPPNW meint dazu: "Das NATO-Abenteuer unter rot-grüner Beteiligung bei 
 fehlender wirksamer parlamentarischer Opposition in Deutschland 
 destabilisiert mit der Fortsetzung der Angriffe die ohnehin angespannte 
 innenpolitische Lage in Rußland. Spätestens mit einem Sturz der 
 Jelzin-Regierung stünde die Völkergemeinschaft am Rande des 3.Weltkriegs und 
 damit am Abgrund eines Atomkriegs. Auch die chinesische Reaktion auf die 
 Zerstörung ihrer Botschaft zeigt wie schnell der Konflikt eskalieren kann." 
 Die Gefahr eines 3.Weltkriegs - ob nun mit oder ohne Abwurf einer Atombombe 
 - halte ich keineswegs für eines dieser intellektualistischen 
 Gedankenspiele, sondern für eine Möglichkeit unter anderen wie dieser Krieg 
 eskalieren kann, wenn es nicht zu einer baldigen Lösung kommt. Das 
 Angst-Szenario wirkt natürlich nicht mehr so wie zu Zeiten des Kalten 
 Krieges, und das ist auch ganz gut so. 
 Zu Fischers Haltung: Ich habe den Eindruck, daß er immer mehr eine 
 Moralkeule braucht, um seinen Weg vor sich und anderen zu rechtfertigen 
 (welche Argumente hat er als grüner Außenminister denn auch schon zur 
 Hand?). Wie kann ein sonst so kluger Kopf wie er, ernsthaft Vergleiche mit 
 Auschwitz ziehen und diese auch noch dazu benutzen, einen Krieg zu führen, 
 so als wären er und die Kriegsführer die "verfolgte Minderheit" (wie Wiglaf 
 Droste am 7.5. in der taz schrieb), und nicht die, die angeblich gerettet 
 werden sollen. 
         Matthias schrieb:
         Dennoch: ich glaube, daß es ein gerechter Krieg ist. 
 Diese Aussage übergehe ich lieber... Bleibt nur die Frage: Wie kommt die 
 NATO dazu, woher nimmt sie sich die Legitimation, einen Angriffskrieg zu 
 führen, dem offensichtlich kein Verteidigungsfall vorausging? Moralische 
 Überlegenheitsüberlegungen sind mir zuwider und deshalb fühle ich mich auch 
 in meiner pazifistischen Haltung zur Zeit anderen keineswegs moralisch 
 überlegen, sondern höchstens in einer unerfreulichen Minderheitenposition. 
 Grüße, 
 devrim

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 Von: km21@c-base.org (13.05.1999)
 An: km21@c-base.org 
 RE>[km 21.0:] Demokratie und Krieg

 Silvia Feist wrote: 

 > Demokratie und Krieg
 > 
 > Warum sich zivile Gesellschaften schwertun, den geforderten Preis zu
 > zahlen / Essay von Hans Christoph Buch 
 Unter dem Mantel einer interlektuellen Diskussion versucht hier ein 
 Kriegskopf Menschenrechtsverletzungen zu beschoenigen. Wenn's nach 
 ihm ginge muesste also die 'zivile Gesellschaft' (vielleicht auch 
 zivilisierte Gesellschaft) die Kriegs-Methoden des Feindes anneh- 
 men. Hiesse: Nervengas gegen Sadam, paramilitaerische Schlaechter- 
 banden gegen Serben und vielleicht Napalm auf Belgrad.... 
 Hallo! Wo leben wir denn? In einer zivilisierten Gesellschaft? 
 Wenn WIR nun schon einen Krieg fuer die Durchsetzung von Menschen- 
 rechten fuehren (Staatsgrenzen scheinen ja nur bedingt als Anlass 
 gerechtfertigt: Kuwait <=> Jugoslawien), dann kann dies nur unter 
 beachtung dieser 'Gesetze' (Wo oder wer hat diese ueberhaupt 
 festgelegt?) geschehen. 
 Uebrigens sind hier in Grossbritannien (England, wie er sagt!!!)
 die SNP (mitte-links Nationalisten in Schottland), die Liberal 
 Demokrats und die Konservativen gegen einen Nur-Luftkrieg, sondern 
 fuer Bodentruppen. 
 > Das von einem Pazifisten wie Gandhi befolgte Gebot, Böses nicht
 > mit Bösem zu vergelten, verkehren friedensbewegte Gegner des 
 > Kosovokrieges in sein Gegenteil, indem sie den Opfern die Hilfe 
 > vorenthalten und den Wolf Milosevic zum Schäfer machen wollen. 
 Wer macht das? 
 Mit der Beschoenigung des Krieges durch die Medien hat er ganz
 sicher Recht. Diese war jedoch noch krasser im Kuwait-Krieg. 
 ********************* Neuer Gedanke... 
 Ich weiss, dass Milosevic ein Taktierer ist (siehe Bosnien). Des- 
 halb ist diese Rueckzugsanweisung eines Teils seiner Truppen nur 
 ein weiter Trick. Aber warum sagt dann die Nato nicht: "OK, wir 
 werden diesen oder jenen Rueckzugsweg nicht mehr bombardieren und 
 beobachten, was sich tut." 
 Nein, die Nato verstaerkt sogar ihre Angriffe, so dass die sebi-
 schen Truppen gar keine Moeglichkeit haben sich zurueckzuziehen. 
 Wer stellt sich schon freiwillig auf'ne offene Strasse, wenn 
 Kampfflugzeuge einem die Frisur versauen... 

 PETE 
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Von: km21@c-base.org (12.05.1999)
An: km21@c-base.org 
[km 21.0:] Demokratie und Krieg

 Komme gerade leider nicht dazu, meine Gedanken zu Computer zu bringen.
 Habe aber einen Essay entdeckt, den ich ganz interessant fand. Und da 
 ich mal unterstelle, dass "Die Welt" nicht zur Eurer bevorzugten 
 Lektuere gehoert - ich oute mich hiermit als Springer-Angestellte, 
 weshalb ich dieses Blatt taeglich in die Finger bekomme -, zirkuliere 
 ich Hans Christoph Buchs ueber unseren Verteiler. Vielleicht regt er 
 Euch ja an. Oder auf. Oder irgendwas. 

 Beste Gruesse, 

 S2i

 Demokratie und Krieg 

 Warum sich zivile Gesellschaften schwertun, den geforderten Preis zu
 zahlen / Essay von Hans Christoph Buch 
 Wie führt eine zivile Gesellschaft Krieg? Die Antwort auf diese Frage 
 variiert von einem Land der Nato zum nächsten: Während in England 
 weitgehende Übereinstimmung zwischen Regierenden und Regierten herrscht, 
 die sich auf die Erfahrung des Zweiten Weltkriegs und die Abwehr des 
 IRA-Terrors gründet, optiert in Frankreich die öffentliche Meinung für 
 Bodentruppen, was aber Sozialisten wie Gaullisten Bauchschmerzen 
 bereitet; in Deutschland ist es umgekehrt, während Italien und 
 Griechenland als direkt betroffene Nachbarn ihr Unbehagen am Luftkrieg 
 der Nato nur mühsam verbergen können. Aus Sicht der USA ist der Balkan 
 weit weg, und das militärische Abenteuer wird hingenommen, solange dort 
 Serben und Kosovaren, aber keine Amerikaner sterben. 
 Trotz ihrer politischen Divergenzen stimmen jedoch alle Nato-Staaten 
 darin überein, das Wort Krieg in ihren Verlautbarungen zu vermeiden. 
 Statt dessen ist von einer humanitären Intervention die Rede oder von 
 räumlich und zeitlich begrenzten Luftschlägen, die mit chirurgischer 
 Präzision ausgeführt werden, so als handle es sich um eine medizinische 
 und nicht um eine militärische Operation. Der Zweck solcher 
 Sprachregelungen ist es nicht, die …ffentlichkeit zu täuschen, wie 
 Kritiker unterstellen, sondern die schmerzhafte Wahrheit euphemistisch 
 zu umschreiben und homöopathisch zu dosieren, um so die öffentliche 
 Zustimmung zu erlangen, auf die demokratische Regierungen stets 
 angewiesen sind. 

 Daraus resultiert ein komplexes Double-Bind, weil dieselbe
 …ffentlichkeit, die das Wegschauen kritisiert und das Eingreifen 
 gefordert hat, Zeter und Mordio schreit, sobald sie mit den Folgen 
 dieses Eingreifens konfrontiert wird. Hier rächt sich die halbherzige 
 Informationspolitik der Nato-Verbündeten: Anstatt ihren Bürgern reinen 
 Wein einzuschenken, speist man diese mit Notlügen oder Halbwahrheiten ab 
 und verheddert sich in den Fallstricken der eigenen Rhetorik, wie dies 
 mit der viel zu früh erfolgten Festlegung geschah, auf keinen Fall 
 Bodentruppen ins Kosovo zu entsenden. 

 Wenn es stimmt, dass die einzige Sprache, die ein Diktator wie Milosevic 
 versteht, Härte ist, dann hat die Nato bisher nicht zu viel, sondern zu 
 wenig Härte gezeigt. Und wenn das Kriegsziel tatsächlich darin besteht, 
 die Massaker an den Kosovo-Albanern zu beenden, weitere Deportationen zu 
 verhindern und die Vertriebenen sicher zurückzubringen, dann führt am 
 Einsatz von Bodentruppen kein Weg vorbei. Solche bitteren Wahrheiten 
 aber sind unverkäuflich; kein westlicher Regierungschef darf sie seinen 
 Wählern zumuten, ohne an seiner Karriere Schaden zu nehmen. An diesem 
 Punkt führt eine zivile Gesellschaft sich selbst ad absurdum, indem sie 
 es zulässt, dass ihre erklärten Feinde von den Spielregeln der Demokratie 
 profitieren. In letzter Konsequenz hiesse dies, dass die Zivilgesellschaft 
 nur ein Konsumverein ist, der Rechtstaat und Demokratie wie Waren 
 konsumiert, ohne den geforderten Preis zu bezahlen und die für ihre 
 Erhaltung notwendigen Opfer zu bringen. 

 Dazu hat George Orwell auf dem Höhepunkt des Luftkrieges um England 
 angemerkt: „Bevor man von einer Welterneuerung, oder wenigstens Frieden 
 überhaupt, reden kann, muss man Hitler eliminieren, und dazu müsste man 
 eine Dynamik ins Leben rufen, die zwar nicht notwendigerweise derjenigen 
 der Nazis gleicht, aber den aufgeklärten, hedonistischen Leuten 
 wahrscheinlich genauso unannehmbar erscheinen würde. Während der letzten 
 zwanzig Jahre war es das Hauptziel der englischen Linksintellektuellen, 
 dieses Gefühl zu brechen, und wenn sie Erfolg gehabt hätten, könnten wir 
 in diesem Augenblick patrouillierende SS-Männer in den Londoner Strassen 
 sehen. Die Kraft, die in Wirklichkeit die Welt formt, entspringt 
 Emotionen, die liberale Intellektuelle mechanisch als Anachronismen 
 abschreiben und gewöhnlich so total in sich selbst ausgerottet haben, 
 dass sie überhaupt nicht mehr handlungsfähig sind." 
 Was Orwell hier artikuliert, ist die Erfahrung, dass auch der Kampf gegen 
 das Böse böse machen kann. Das von einem Pazifisten wie Gandhi befolgte 
 Gebot, Böses nicht mit Bösem zu vergelten, verkehren friedensbewegte 
 Gegner des Kosovokrieges in sein Gegenteil, indem sie den Opfern die 
 Hilfe vorenthalten und den Wolf Milosevic zum Schäfer machen wollen. Mit 
 Pazifismus hat solch zynische Realpolitik aber nichts zu tun. Das 
 Beispiel Englands im Zweiten Weltkrieg zeigt, dass zivile Gesellschaften 
 mit militärischem Denken und Handeln kompatibel sind, wenn sie sich zur 
 Verteidigung ihrer Grundwerte entschliessen, statt diese einem taktischen 
 Kalkül zu opfern. 

 So besehen, erscheint die gegenwärtige Nato-Strategie, die den Gegner
 ohne eigene Verluste, nur durch Luftschläge, in die Knie zwingen will, 
 zumindest fragwürdig. Mit dieser Strategie lässt sich Serbien, das Hitler 
 und Stalin Paroli bot, nicht erobern. Solange Nato-Soldaten nur zum 
 Töten, aber nicht zum Sterben bereit sind, leidet der Nato-Luftkrieg an 
 einem Glaubwürdigkeitsdefizit. Er wirkt wie eine perfekte Simulation zur 
 Beruhigung der …ffentlichkeit, der man, wie schon im Bosnienkrieg, 
 signalisiert, alles Menschenmögliche werde getan. Mit Bomben und Raketen 
 allein ist Milosevic nicht aus dem Sattel zu schiessen. Und mit 
 virtuellen Siegen auf dem TV-Monitor lassen sich ethnische Massaker 
 nicht verhindern, die Vertreibung der Albaner aus dem Kosovo ist kein 
 Videospiel. 

 Hans Christoph Buch lebt als freier Schriftsteller in Berlin.
 © DIE WELT, 10.5.1999 

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 The reason angels can fly is that they take themselves so lightly. (G.K. 
 Chesterton) 
 Silvia Feist
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 Von: km21@c-base.org (30.04.1999)
 An: km21@c-base.org 
 [km 21.0:] Klare Subjekt-Zeilen
 Re: [km 21.0:] RE>[km 21.0-] zu den Rundbriefen 

 Liebe Leute, 
 eine Bitte an alle: Können wir die Subjekt-Zeile etwas prägnanter halten, als die da
  oben? 
 und zwei kurze Bitten an Niels: Kannst Du den Listserver so einstellen, dass [km21]
  immer am Anfang steht? Auch bei Replys? 
 Und kannst Du sicherstellen, dass pro subjekt-Zeile nicht öfter als einmal [km21] 
  bzw. Re steht? 
 Jedenfalls finde ich die mails noch ziemlich unübersichtlich, dabei sind es gar
  nicht so viele. Und da ich ziemlich viele mails verarbeiten muss, wäre das eine 
  grosse Erleichterung. 
 War das deutsch genug?

 Matthias 

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 Von: km21@c-base.org (28.04.1999)
 An: km21@c-base.org 
 RE>[km 21.0:] brief 99.2

 Niels Boeing wrote:
 > Was genau bedeutet das? Wollen Serben und Albaner partout nicht mehr
 > nebeneinander in denselben Städten und Dörfern leben? Oder bedeutet es, dass 
 > sie sich nicht mehr einer staatlichen Autorität des beugen 
 > werden? 
 > Fall 1: Stellen wir uns auf eine Generation Guerilla-/Bürgerkrieg ein,
 > ebenso wie in Nordirland. Das Problem ist nicht auch nach dem Ende des 
 > Nato-Kriegs nicht lösbar. 

 Ganz recht, es ist nicht nicht loesbar. Was immer eine 'Loesung' sein
 koennte... Ersteinmal (heisst fuer ein paar Jahrzehnte) wird die L. wohl 
 wie in Bosnien aussehen: Albaner auf die eine, Serben auf die andere 
 Seite. 
 Nach soviel Hass...

 > Fall 2: Es gibt eine Lösung - GANZ EX-JUGOSLAWIEN MUSS IN DIE EU AUFGENOMMEN 
 > WERDEN. Albaner, Serben, Bosnier, Kroaten... werden sich dann derselben 
 > Autorität beugen müssen - aber nicht mehr einander. Das ist eine enorme 
 > Herausforderung der EU: Sie muss sich eingestehen, dass nur ein Europa der 
 > Regionen, nicht der Nationen eine Zukunft hat. 

 Erstmal nicht 'des jeweils anderen', da die Albaner nie die Serben 
 beherrscht haben. Zweitens, wie bitte schoen soll das denn funktio- 
 nieren. Ausser Serbien werden wohl alle sofort der EU beitreten. 
 Und? Das aendert nichts. 

 PETE

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 Von: km21@c-base.org (28.04.1999)
 An: km21 
 [km 21.0:] Science Fiction?

 Nur keine Angst kriegen!? Nur eine von vielen Moeglichkeiten?:
 http://www.rnw.nl/foreign/eng/html/kosovo230499.html 
 fakten, fakten, fakten 

 PETE
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 Von: km21@c-base.org (26.04.1999)
 An: km21@c-base.org 
 [km 21.0:] Re: Hilflosigkeit - Eberhard

 Hallo,
 >Wenn die USA Krieg führt, hat das doch meist einen profanen Hintergrund (…l,
 >etc). 
 oder den europaeern muss aus der patsche geholfen werden, da sie selber zu
 schwach, uneinig etc. sind; die usa sind die verbliebene weltmacht, sicher 
 haben sie noch im kleinsten winkel geostrategische interssen. aber ich kann 
 keinen "profanen" grund erkennen. 
 >Hier ist es doch nicht anders. Als man gegen Ende des WK II die Welt neu 
 >aufteilte, sollte Stalin Rumänien und Bulgarien bekommen, England besetzte 
 >Griechenland. Jugoslawien und Ungarn sollten aufgeteilt werden. Da 
 >Jugoslawien sich selbst befreite, konnten weder Stalin noch die Westmächte 
 >dort Fuss fassen. Tito fiel bei Stalin in Ungnade als Revisionist, von den 
 >Westmächten wurde er deswegen gefeiert. 
 >Nach der Wende sollte nun ein Grossserbien entstehen, das ebensowenig in die 
 >"neue Weltordnung" passte wie ein Grosstürkisches Reich. 
 >Der Genozid, den Milosewitsch jetzt verübt ist ein herbeigesehnter Anlass um
 >einzugreifen und sich mit einem allseits akzeptierten Grund im Balkan 
 >festzusetzen. Damit hält die USA dann gleicherweise Serbien, Russland und die 
 >Türkei im Schach. 
 wieso tuerkei, hey ein wichtiger verbuendeter, den haelt man nicht im
 schach, man unterstuetzt ihn, wo es nur geht. auf der anderen seite war der 
 "genozid" kein herbeigesehnter anlass. ich denke die amis und die europaeer 
 haben bis zuletzt auf eine verstaendigung mit slob o'dan (zitat, vergessen 
 woher) gesetzt; genau wie im bosnien-krieg. ohne serbien/milosevic haette 
 es dayton nicht gegeben. 
 was die usa wollen, ist vermutlich das wir selber (aeh europa) dafuer
 sorgen koennen, diese region zu befrieden, im frieden zu halten. 
 >Aber man hat sich schon in Afghanistan verkalkuliert, als man dort die 
 >ilsamischen Kräfte unterstützt hat. 
 und im irak und (inzwischen) in angola... 
 Ebenso kann jetzt eine Pleite 
 >passieren, denn wenn die Albaner in Montenegro und Mazedonien stärker
 >werden, träumt man dann von einem illyrischem Reich, das noch älter ist als 
 >das Serbische. Skanderbeg, der Ritter der Berge lässt grüssen. 
 daran denken die leute doch jetzt schon! 
 ich frage mich, wie ich denken 
 wuerde, ohne informationsvielfalt, ohne aussicht auf ausbildung/arbeit
 (alles im verhaeltnis: im gegensatz zu den leuten in albanien, serbien und 
 natuelich einem grossen teil des restes der welt haben wir das alles) und 
 mit hunger: nationalismus wuerde mich saettigen, suendenboecke wuerde ich 
 dankbar annehmen. es ist das glkeiche wie das beliebte gedankenspiel, ware 
 ich 1918 geboren, ware ich dann wirklich unter herrn hitler im wiederstand 
 gewesen oder vielleicht doch angepasster mitlaeufer, oder am ende 
 schlimmeres. 
 wenn wir sagen, ethis "reine" ministaaten ist ein ueberkommenes konzept,
 dann dieskutieren wir aus unserer gesaettigten westeuropaeischen position. 
 es werden ideen durchgepielt, jugoslawien sollte moeglichst schnell wieder 
 einen gemeinsamen wirtschaftsraum bilden, dann in 10 jahren an die eu 
 herangefuehrt werden. absolut illusorisch. vermutlich muss jede nation eine 
 scheissphase im eigenen kleinen staat durchlaufen, bevor man sich dann 
 wieder seinen nachbarn zuwendet. 
 also allen ist klar, das alle voelker im pulverfass gerne ihre eigene
 hymmny, fussballmanschaft, briefmarke haetten. d.h. sie verkalkulieren sich 
 nicht. keiner setzt auf eine albanische karte. es ist nur nicht klar ob es 
 nicht bereits zu spaet ist. 
 >Die Umfallerpartei SPD hat den USA keinen Widerstand geleistet. Auch als
 >Adenauer Deutschlands Spaltung akzeptiert hat, um die USA-Pläne einer von 
 >ihr gelenkten Westeuropäischen Union zu realisieren hat die SPD nur eben 
 >matt protestiert. Der Burgfrieden geht eben über alles. So wie man damals 
 >uns "Brüder und Schwestern im Osten" geopfert hat, so riskiert derzeit man 
 >den Frieden in Europa, um die Führungsmacht nicht zu verknatzen. 
 burgfrieden finde ich sehr gut, die spd bleibt sich selbst seit 1914 treu. 
 die damaligen kriegsgegner im parlament, wie liebknecht finden sich jetzt 
 bei den gruenen, also stroebele wird nach dem parteitag die uspd wieder 
 aktivieren. 
 aber mit der veraergerten fuehrungsmacht, daran glaube ich nicht. warum hat

 man waehrend der bosnien-friedensverhandlungen sie rolle der minderheiten 
 in serbien nicht thematisiert, warum hat man waehrend des 
 kroatisch-jugoslawischen krieges 92 nicht bereits bosnien verhindert. die 
 usa musste eingreifen, ohne sie gaebe es in bosnien immer noch krieg. das 
 die usa mit ihrem diplomatischen eingreifen auf dem balkan dann spaeter 
 auch buendnistreue verlangen kann ist wohl selbstverstaendlich. wir 
 deutschen haetten auch den irak beschossen, waere saddm 3 jahre spaeter in 
 kuweit einmarschiert. deutschlands aussenpolitische re-militarisierung geht 
 nun einmal in kleinen schritten voran, aber sie wird gewollt! von den usa 
 und von uns -naja, "denen da oben". also wieseo "die usa nicht verknarzen", 
 hey 65% prozent der westdeutschen sind fuer die bombar(barische)dierung 
 serbiens!!! 
 die spd hat damit nicht soviel zu tun, sie ist keine umfaller- sondern eine
 staatspartei; klar bin ich auch enttaeuscht (aber eher vom kleinen 
 partner). die schicksaalsrolle der spd scheint es zu sein in krisenzeiten 
 (1918, 1977) viele zu enttaeuschen. 
 >Und wann erkennt man, dass die Türkei, Israel, China und Russland auch eine
 >menschenrechtsfeindliche rassistische und nationalistische Politik treiben? 
 ist erkannt; loesung: handelsembargo des westen gegen die vr china. besitzt 
 hier jemand aktien, harharhar. 
 >Die Gebietsansprüche Serbiens reichen 600 Jahre zurück, die Israels 2000
 >Jahre. 
 >Wann kommt der Neandertaler und will sein Reich? Das wilde Absurdistan wird
 >immer grösser. 
 ja absurd

 -knut 

 %%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%
 Knut Stahrenberg 
 Technische Universität Berlin
 Sekr. PN 6-1 
 Hardenbergstr. 36
 10623 Berlin, Germany 
 Tel: ++49-30-314-23262
 Fax: ++49-30-314-21769 
 email: knut@gift.physik.tu-berlin.de

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 Von: km21.0@excite.com (26.04.1999)
 An: Niels Boeing 
 Fwd: Re: [km 21.0:] Hilflosigkeit

   From: Eberhard.Hirsch@t-online.de (Eberhard Hirsch)
   To: "km21" <km21@c-base.org 
   Subject: Re: [km 21.0:] Hilflosigkeit 
 

   Wenn die USA Krieg führt, hat das doch meist einen profanen
 Hintergrund  (=D6l, 
   etc). 
   Hier ist es doch nicht anders. Als man gegen Ende des WK II die Welt neu
   aufteilte, sollte Stalin Rumänien und Bulgarien bekommen, England 
 besetzte     Griechenland. Jugoslawien und Ungarn sollten aufgeteilt werden. Da
   Jugoslawien sich selbst befreite, konnten weder Stalin noch die 
 Westmächte     dort Fuss fassen. Tito fiel bei Stalin in Ungnade als Revisionist, von
 den     Westmächten wurde er deswegen gefeiert.
   Nach der Wende sollte nun ein Grossserbien entstehen, das ebensowenig 
 in  die  "neue Weltordnung" passte wie ein Grosstürkisches Reich. 

   Der Genozid, den Milosewitsch jetzt verübt ist ein herbeigesehnter
   Anlass um  einzugreifen und sich mit einem allseits akzeptierten Grund im Balkan 
   festzusetzen. Damit hält die USA dann gleicherweise Serbien, Russland 
   und die  Türkei im Schach. 

   Aber man hat sich schon in Afghanistan verkalkuliert, als man dort die 
   ilsamischen Kräfte unterstützt hat.  Ebenso kann jetzt eine Pleite 
   passieren, denn wenn die Albaner in Montenegro und Mazedonien stärker 
   werden, träumt man dann von einem illyrischem Reich, das noch älter   ist als 
   das Serbische. Skanderbeg, der Ritter der Berge lässt grüssen.

   Die Umfallerpartei SPD hat den USA keinen Widerstand geleistet. Auch als
   Adenauer Deutschlands Spaltung akzeptiert hat, um die USA-Pläne einer 
 von  ihr gelenkten Westeuropäischen Union zu realisieren hat die SPD nur 
 eben  matt protestiert. Der Burgfrieden geht eben über alles. So wie man 
 damals  uns "Brüder und Schwestern im Osten" geopfert hat, so riskiert derzeit 
  man  den  Frieden in Europa, um die Führungsmacht nicht zu verknatzen. 

   Und wann erkennt man, dass die Türkei, Israel, China und Russland
 auch eine  menschenrechtsfeindliche rassistische und nationalistische Politik 
 treiben? 
   Die Gebietsansprüche Serbiens reichen 600 Jahre zurück, die Israels
 2000  Jahre. 
   Wann kommt der Neandertaler und will sein Reich? Das wilde Absurdistan
 wird immer grösser. 

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 Von: km21.0@excite.com (26.04.1999)
 An: Niels Boeing 
Fwd: [km 21.0:] Re: Kosovo

 > From: Matthias Urbach <urbach@taz.de>

 > Liebe Leute, 
 > 
 > dies ist mein erster Beitrag, also stelle ich mich kurz vor: 
 > Matthias Urbach (32), gelernter Physiker, taz-Umweltredakteur, wohne in 
 Berlin und weils um Kosovo geht: 
 > Kriegsdienstverweigerer und ex-Kasernen-wg. Pershing II-Blockierer
 > 
 > > Silvia schrieb:
 > > Dieser Krieg ist gerade einmal tausend Kilometer entfernt von uns und 
 dennoch 
 > > verharre ich ihn Haltungslosigkeit, so als gehe es lediglich um
 > > intellektualistische Gedankenspiele und nicht um Ereignisse, die - 
 > > wie Pete es am Freitag auf diesen Seiten geaeussert hat - den WK III 
 ausloesen koennten. 
 > 
 > Ich finde es nicht wichtig, wie weit ein Krieg entfernt ist. Allerdings 
 ist der Unterschied, dass Deutschland diesmal dabei ist. Insofern ist 
 hier auch niemand haltungslos, höchstens unentschlossen. Wie hiess es 
 doc h so schön in den Achtzigern? "Wer schweigt stimmt zu." 
 > 
 > Womit wir bei meiner Haltung sind: Ich stimme zu.
 > 
 > Und ich glaube, dass das Argument mit dem WK III - wie das hier so cool
 abgekürzt wurde - also das Argument mit dem Dritten Weltkrieg wohl 
 eher selbst das Gedankenspiel ist. Und zunächst an der Frage verbeilenkt, 
 wie wir uns zu dem Krieg verhalten sollten. Bei allem, was man der 
 > Nato an Ungeschick zu Recht unterstellen kann, so habe ich nicht den 
 Eindruck, dass sie einen Dritten Weltkrieg riskiert oder riskieren würde. 
 Und gerade der deutsche Aussenminister Fischer hat doch versucht, 
 Russland wieder stärker einzubinden mit seinem Friedensplan. 
 > 
 > > Silvia sagte: Ich habe den Eindruck, wenn ich mich umhöre bei
 Bekannen, Freunden, Verwandten, dass auch die, die  nicht auf die Strasse 
 gegangen sind, von Bodentruppen nichts halten - weil es dann plötzlich 
 die eigenen Angehörigen sind, und nicht mehr irgendwelche abstrakten 
 > > Bundeswehrtypen. 
 > 
 > Touche. Das ist auch mein Problem. Ich frage mich, ob ich meinen Kopf 
 für den Kosovo herhalten würde. Als ich vor vierzehn jahren den 
 Kriegsdienst verweigert hab, war die Lage viel klarer. Die Konfrontationspolitik 
 der Nato war falsch und ich wollte mich nicht als Soldat den 
 > militärischen Zwängen unterwerfen müssen. (Was ich auch heute 
 nicht möchte.) Doch heute weiss ich nicht mehr, ob ich mit gutem Gewissen 
 verweigern könnte. Ich glaube, dass ist auch der Grund, warum selbst 
 viele Grüne inzwischen eine Berufsarmee fordern - da kommt man um diese 
 Frage nämlich wunderbar herum. 
 > 
 > Bislang ist noch nicht ein einziger Nato-Soldat ernsthaft zu Schaden 
 gekommen, soweit ich weiss. (Von den drei Gefangenen mal abgesehen). 
 Natürlich ist ein reiner Luftkrieg aus Sicht der Nato bislang ein 
 Wasch-mir-den-Pelz-aber-mach-mich-nicht-nass-Krieg. 
 > Mehr würde ich derzeit aber auch nicht mitmachen. 
 > 
 > Damit komme ich zu dem nächsten Problem: die Bodentruppen. Ich glaube
 auch, dass dieser Krieg ohne Heer nur schwer zu einem positiven Ende zu 
 führen ist. Aber ich muss gestehen, dass mir der Kosovo so nah doch 
 nicht liegt, dass ich persönlich dafür am Boden in den Krieg ziehen 
 würde. 
 > Macht es jemand freiwillig?
 > 
 > Ich finde übrigens deshalb auch den vielstrapazierten (und von Leuten
 wie Scharping auch verdummend gebrachten) Vergleich mit dem Krieg gegen 
 Nazi-Deutschland falsch. Ich denke eher an den Spanischen Bürgerkrieg 
 1936/7, an die freiwilligen Brigaden und die Feigheit der Demokratien, 
 > die der Spanischen Republik und vielen freiwilligen Kämpfern aus ihren 
  Heimatländern den Tod gebracht haben. Allerdings lag damals der Fall 
 für mich auch sehr viel klarer als heute im Kosovo. 
 > 
 > Das Problem ist leider auch, dass keiner die nationalisitische UCK so
 recht unterstützen mag. (Zu Recht.) Aber so fehlt eben das, was im Fall 
 Bosnien das Mittel des Luftschlages so erfolgreich machte: das Heer. 
 > 
 > So bleibt der anhaltende Luftangriffe, und so unpassend ich das Mittel
 auch halte (der schnelle Einsatz von Truppen am Boden hätten vielleicht 
 d ie schreckliche Vertreibung und das Morden verhindern können), es ist 
 derzeit das einzige, was ich theoretisch bereit wäre auch persönlich 
 > zu leisten - faktisch freilich bloss zu bezahlen. 
 > 
 > 
 > 
 > > Silvia schrieb: Auf derselben Zugfahrt habe ich das "Protokoll des
 Schreckens" im Spiegel 
 > > gelesen. Und mich bei dem Gedanken ertappt, wieviel sich davon im
 Nachhinein 
 > > als Propaganda erweisen wird. Zynisch? Boesartig? Ja. Und doch wird es
  so 
 > > sein. Und selbst diese Tatsache wird die tatsaechlichen Greuel nicht
 mindern. 
 > > Auch Pete hatte ja in diesem Forum in Zusammenhang mit der
 Informationspolitik 
 > > "Beweise" für Erschiessungen undVergewaltigungen
 > > eingefordert. 
 > 
 > Ich finde es erstaunlich, dass es beim Krieg alle extragenau wissen 
 wollen. Wenn zum Beispiel sechs unabhängig voneinander befragte albanische 
 = 
 > Vertriebene dasselbe berichten, dann glaube ich das erst mal. Das
 glauben  wir sonst auch jeden Tag. Natürlich ist es schwer, Gewissheit über 
 > viele Fragen zu kriegen, aber ich glaube wir wissen genug, um über 
 diesen Krieg zu entscheiden. Ich finde auch bei der Nato gibt es Grund 
 genug,  einiges zu kritisieren, aber bislang haben sie jedenfalls am Ende alle 
 Fehler eingeräumt (freilich nur solange sie darauf angesprochen 
 > wurden, mehr können wir nicht wissen). Mir macht eigentlich viel mehr 
 Sorge, wie unsere Regierung mit ihren Gegnern inner- und ausserhalb der 
 Regierung umspringt. Die äusserst dünne Haut von Schröder und 
 Fischer weckt in mir das Gefühl, dass sie ihrer Sache nicht so sicher 
 sind,  wie 
 > sie sagen (siehe auch mein  taz-kommentar  vom Feitag). Ausserdem macht
  es mir Sorge, dass man den Eindruck hat, sie trauen sich nicht, gegen 
 den US-Druck innerhalb der Nato eigene Positionen aufrechtzuerhalten. 
 > 
 > Ich kann jeden verstehen, der sich nicht so recht zu einer Haltung
 durchringen mag. Mir fällt es auch schwer. 
 > Ich hätte im übrigen lieber ein UN-Mandat dafür gesehen. Ich 
 weiss, wie problematisch die Bombenangriffe sind. Dennoch: ich glaube, dass 
 es ein gerechter Krieg ist. 
 > 
 > Matthias 
 > 
 > 
 > 
 > 
 > ------------------------------
 > Matthias Urbach 
 > editor for economy & environment
 > Kochstrasse 18, 
 > 10969 Berlin, Germany
 > 
 > email urbach@taz.de
 > phone +49 30 25902-114 
 > fax   +49 30 251 60 62

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 Von: km21.0@excite.com (26.04.1999)
 An: Niels Boeing 
 Fwd: [km 21.0:] Klare Subjekt-Zeilen

 > From: Matthias Urbach <urbach@taz.de>
 > To: km21@c-base.org 
 

 > Re: [km 21.0:] =ABRE>[km 21.0-] zu den Rundb
 > 
 > Liebe Leute,
 > 
 > eine Bitte an alle: Können wir die Subjekt-Zeile etwas prägnanter
 halten, als die da oben? 
 > 
 > und zwei kurze Bitten an Niels: Kannst Du den Listserver so einstellen, 
 dass [km21] immer am Anfang steht? Auch bei Replys? 
 > Und kannst Du sicherstellen, dass pro subjekt-Zeile nicht öfter als 
 einmal [km21] bzw. Re steht? 

 > Jedenfalls finde ich die mails noch ziemlich unübersichtlich, dabei
 sind es gar nicht so viele. Und da ich ziemlich viele mails verarbeiten 
 muss, wäre das eine grosse Erleichterung. 
 > 
 > War das deutsch genug?
 > 
 > Matthias

 ======================================================================

 Von: km21@c-base.org (25.04.1999)
 An: km21@c-base.org 
 [km 21.0:] Re: Leif - Kosovo

 Lieber Leif,
 > Du schriebst: Ein ähnlicher chauvinismus kommt in den kommentaren zum ausdruck,
  die noch jeden bericht über "einsätze" der NATO in der hiesigen presse begleitet 
  haben: DEUTSCHE tornados waren nicht beteiligt. alle DEUTSCHEN flugzeuge und alle 
  DEUTSCHEN soldaten sind heil zurückgekehrt. (übrigens keine besonderheit der 
  kriegsberichterstattung: wenn ein bus in der sahara verunglückt, beglückt man uns 
  gleich mit der meldung, ob DEUTSCHE touristen dabei waren oder nicht). Merke: 
  DEUTSCHE soldaten sind wichtiger und mehr wert als englische, amerikanische, 
  französische usw. soldaten. 
 Ich ärgere mich auch darüber, dass hier die Berichte über die deutschen Soldaten so
  sehr überwiegen, schon weil ich mir mehr europäischen (wenigstens EU-)Geist 
  wünschte. Andererseits ist das nicht bloss "chauvinismus", sondern auch eine Frage 
  der Nähe: Natürlich interessiert es einen nicht, wenn irgendein Klaus Meier von der 
  TU München oder so sich das Leben nimmt, wohl aber, wenn es ein Arbeitskollege ist. 
  Um so weiter etwas weg ist, um so grösser muss es sein, um uns zu interessieren. Das 
  ist ziemlich normal und gesichertes empirisches Wissen, und deshalb hält sich auch 
  im Grundsatz jedes Medium dran. Allerdings, wie Du zu recht beklagst, mit 
  deutlichen Abstufungen. Dennoch glaube ich nicht, dass irgendein, sagen wir mal, 
  BILD-Redakteuer Deutsche für besser als Amerikaner hält - und auch die meisten 
  BILD-Leser werden das nicht tun. 
 >
 > Eine regierung die ihre armee in einen krieg schickt kann nicht im ernst davon 
  ausgehen, dass alles so sauber von statten geht, wie der general und sein smarter 
  sprecher uns glauben machen möchten. jeder soldat, der über die wehrpflicht hinaus 
  der armee angehört, nimmt damit das berufsrisiko in kauf, in einem krieg getötet zu 
  werden. Das gehört zum geschäft. 
 >
 Sprichst Du von Söldnern oder Soldaten? Ich glaube, die wenigsten deutschen 
  Berufssoldaten sind scharf darauf in den Krieg zu ziehen, und sie müssten ihren Hals 
  eigentlich auch nicht für andere riskieren, oder? Ich denke viele Berufssoldaten 
  haben noch in Zeiten angefangen, als von "out of area" noch nicht die Rede war. Und 
  warum nimmst Du die "Wehrpflichtigen" von Deinem Argument aus? 
 > Der Balkan ist ein kriegsschau[!]- und kein truppenübungsplatz (unter anderen 
  gesichtspunkten ist er beides und zudem noch eine perfekte waffenschau. Und die 
  rüstungsunternehmen brauchen keinen müden euro für die minutenlangen werbespots zu 
  zahlen. 
 Die Frage ist doch, ob wir Waffen wollen. Wenn ja, sollten wir uns nicht beschweren,
  dass irgendjemand sie herstellt. 
 >  Die lügnerische chirurgisch-keimfreie metaphorik der nato und der
  gleichgeschalteten medien tut 
 > so, als ob sich  hinter den getroffenen "militärischen zielen" keine toten
  verbergen würden. 
 Die Medien sind gleichgeschaltet? Von wem? Muss ich mich auflehnen? Hat hier wer
  geputscht? Ist mir was entgangen? Es gibt eine Reihe von Medien, die äusserst 
  kriegskritisch sind. Selbst Spiegel-Herausgeber Rudolf Augstein gehört zu den 
  Gegenern des Einsatzes. Zeit-Herausgeber Helmut Schmidt übrigens auch. 
 > Es hat wenig sinn mit betroffenheit und moralisch zu argumentieren, weil die 
  kriegsbefürworter diesen diskurs längst für sich in beschlag genommen haben. Sie 
  sind doch alle so betroffen und moralisch, der fischer und scharping und co. Wollt 
  ihr denn etwa, dass der "schlächter vom balkan" da weiter sein "brutales", 
  "menschenverachtendes" usw. Unwesen treibt? Sicher, das tut er, wie es trotz aller 
  propaganda den anschein hat. Aber die NATO-Bomberei hat daran nichts geändert. Und 
  sie ist ohne jede zukunft. 
 Nur was hat Zukunft? Wenn Du mir etwas Überzeugendes sagst, bin ich sofort für die
  Einstellung des Krieges - und ich meine das ernst. 

 Matthias
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 Von: km21@c-base.org (24.04.1999)
 An: 'km21@c-base.org' 
 AW: [km 21.0:] zweiter Anlauf: km 21.0 

 Hallo,
 Silvia schrieb unter anderem:
 "Oder scheint es Euch auch so weit entfernt? Rueckt tatsaechlich in Euer 
  Bewusstsein, was Niels so 
 > Ich habe den Eindruck, wenn ich mich umhöre bei Bekannten, Freunden, Verwandten,
  dass auch die, die  nicht auf die Strasse gegangen sind, von Bodentruppen nichts 
  halten - weil es dann plötzlich die eigenen Angehörigen sind, und nicht mehr 
  irgendwelche abstrakten Bundeswehrtypen. 
 fuer sein Umfeld konstatiert hat? Selbst für die Wehrdienstleistenden schien 
 eine persoenliche Betroffenheit sehr fern zu sein - eher ein Warten, dass der 
 Dienst vorbei, und dann zurueck in das Leben, das für uns alle normal ist und 
 in dem - offenbar - ein KRIEG, von dem wir PERSOENLICH BETROFFEN sind, NICHT 
 VORSTELLBAR ist. 
 Es ist schon ein Phaenomen, dass ich - und offenbar viele anderen ebenfalls -
 die Ereignisse nicht nur weit von mir/ uns weisen kann/ koennen, sondern 
 tatsaechlich erst gar NICHT BEGREIFE/N, dass sie so weit nicht weg sind. Fragt 
 sich, warum und wie das geht?" 
 Dazu zweierlei, dass nicht nur unmittelbar an Silvia gerichtet ist, sondern ihre und
  Nils' äusserung zum anlass nimmt: 
 1) Persönliche betroffenheit ist zwar (ebenso) verständlich (wie der eindruck der
  irrealität), aber die kopplung mit der geografischen nähe ist ärgerlich. Warum geht 
  uns eigentlich ein krieg auf dem balkan mehr an als in Irak, Tschetschenien, 
  Ruanda, &#128;thiopien, Afghanistan, Argentinien, Vietnam oder was weiss ich wo? Wir 
  reden ständig von globalisierung, internationalisierung, global village etc., 
  surfen im internet von einem ende der welt zum andern - und jetzt auf einmal sollen 
  die alten geografischen kategorien wieder das mass der dinge sein? "Vor meiner 
  haustür" ist diesmal sowenig krieg wie all die anderen male in den letzten 
  jahrzehnten. 
 Dieses gerede, das beklagt, dass nun ausgerechnet in Europa wieder krieg sei,
  offenbart nur, dass man Europa (und genaugenommen nur bestimmte teile, wie der 
  krieg beweist) für erheblich zivilisierter hält als den rest der welt (USA 
  ausgenommen), deren barabarischer zustand ja keine verwunderung über das 
  wechselseitige abschlachten aufkommen lassen sollte. Wenn die barbaren es mal ganz 
  schlimm treiben, spielt sich USA/Europa dann als zivilisierte weltpolizei auf. 
 (nb: wir haben doch den verteidigern der blockkonfrontation nie glauben wollen, die 
  immer behaupteten, sie sei u.a. die ursache für einen so lang nie gekannten frieden 
  in europa. vielleicht werden sie ja doch noch das letzte wort behalten) 
 Ein ähnlicher chauvinismus kommt in den kommentaren zum ausdruck, die noch jeden 
  bericht über "einsätze" der NATO in der hiesigen presse begleitet haben: DEUTSCHE 
  tornados waren nicht beteiligt. alle DEUTSCHEN flugzeuge und alle DEUTSCHEN 
  soldaten sind heil zurückgekehrt. (übrigens keine besonderheit der 
  kriegsberichterstattung: wenn ein bus in der sahara verunglückt, beglückt man uns 
  gleich mit der meldung, ob DEUTSCHE touristen dabei waren oder nicht). Merke: 
  DEUTSCHE soldaten sind wichtiger und mehr wert als englische, amerikanische, 
  französische usw. soldaten. 
 Damit bin ich bei 2) Ein land, das sich eine armee ("Bundeswehr") hält, kann nicht
  davon ausgehen, dass sie diese auf gar keinen fall einsetzen wird, so 
  unwahrscheinlich ein einsatz in bestimmten zeiten auch sein mag. soldaten sollen 
  ggfs. töten und müssen damit rechnen getötet zu werden. 
 Eine regierung die ihre armee in einen krieg schickt kann nicht im ernst davon 
  ausgehen, dass alles so sauber von statten geht, wie der general und sein smarter 
  sprecher uns glauben machen möchten. jeder soldat, der über die wehrpflicht hinaus 
  der armee angehört, nimmt damit das berufsrisiko in kauf, in einem krieg getötet zu 
  werden. Das gehört zum geschäft. 
 Aber plötzlich entdecken irgendwelche frauen, mütter und schwestern ihre sorge und
  furcht um die männer. ja teufel noch mal, warum haben sie denn die männer nicht 
  früher davon abgehalten, soldaten zu sein oder zu werden? alles andere ist doch 
  sentimentales gequatsche! und warum sind eigentlich IHRE söhne und männer und väter 
  und brüder wichtiger als die der französischen, englischen, amerikanischen... 
  frauen? Oder der auch serbischen? Die lügnerische chirurgisch-keimfreie metaphorik 
  der nato und der gleichgeschalteten medien tut so, als ob sich  hinter den 
  getroffenen "militärischen zielen" keine toten verbergen würden. 
 Der Balkan ist ein kriegsschau[!]- und kein truppenübungsplatz (unter anderen 
  gesichtspunkten ist er beides und zudem noch eine perfekte waffenschau. Und die
  rüstungsunternehmen brauchen keinen müden euro für die minutenlangen werbespots zu 
  zahlen. Zudem ist der krieg ein perfektes beispiel für die privatisierung der 
  gewinne und vergesellschaftung der kosten. Die kriegführung geht auf staatskosten 
  und die unternehmen streichen die gewinne aus der gesteigerten waffenproduktion und 
  den hilfen für den wiederaufbau ein.) Und wo krieg geführt wird gibt es tote. 
  Wartet erst mal, wenn die bodentruppen kommen. Es ist aber bigott, die anderen zur 
  dreckarbeit anzufeuern und wenns für einen selbst ernst wird, larmoyantes geschrei 
  anzustimmen. 
 Es hat wenig sinn mit betroffenheit und moralisch zu argumentieren, weil die
  kriegsbefürworter diesen diskurs längst für sich in beschlag genommen haben. Sie 
  sind doch alle so betroffen und moralisch, der fischer und scharping und co. Wollt 
  ihr denn etwa, dass der "schlächter vom balkan" da weiter sein "brutales", 
  "menschenverachtendes" usw. Unwesen treibt? Sicher, das tut er, wie es trotz aller 
  propaganda den anschein hat. Aber die NATO-Bomberei hat daran nichts geändert. Und 
  sie ist ohne jede zukunft.  Die opposition gegen den krieg muss politisch 
  artikuliert werden und an diesem punkt ansetzen, dass diese bomberei nichts aber 
  auch gar nichts bringt.  Oder soll man sich etwa nach dem krieg ein friedliches 
  zusammenleben der völker vorstellen? Niels vorschlag von einer europäischen 
  einbindung ist recht gut, denke ich, aber dieses europa, in dem das möglich wäre, 
  gibt es nicht. Es hätte nämlich für den rest auch veränderungen zur folge, die auf 
  die verabschiedung von nationalstaatlichkeit und errichtung eines föderativen 
  systems ähnlich wie das amerikanische hinauslaufen müssten. -- Aber im Kosovo geht 
  ohne eine besatzungsmacht vorerst gar nichts. Und das problem, dass die mehrheit 
  der serben offenbar das Kosovo für den unhintergehbaren grundstein ihrer 
  kulturellen? identität hält, dass es also um mehr geht als politisch-administrative 
  unter- oder nebenordnung, ist damit auch noch nicht gelöst. 

 Es grüsst 

 l.p.

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 Von: km21@c-base.org (24.04.1999)
 An: km21@c-base.org 
 RE>[km 21.0:] zweiter Anlauf: km 21.0 - Hilflosigkeit,

 >From: "Silvia Feist" <feist@asv.de> 
 >Reply-To: km21@c-base.org 
 >To: km21@c-base.org
 >Subject: [km 21.0:] zweiter Anlauf: km 21.0 - Hilflosigkeit, Halt-ungs-losigkeit, 
  Impressionen 
 >Date: Fri, 23 Apr 1999 12:02:06 +0200
 > 
 Gerettet
 Unsere Flucht nennen wir 
 Vertreibung, als kaemen wir
 aus dem Paradies, als schaemten wir uns 
 dafuer, dass wir nicht mit den Gegnern 
 marschiert sind. 
 >
 Dass sie so maechtig waren, sagen wir. 
 Und dass unser Schrecken so groß war, 
 groesser als unsere Kraft, fuehren wir 
 ins Feld, als muessten wir uns noch 
 immer verteidigen.
 > 
 (Werner Soellner)
 > 
 Liebe Leute,
 > 
 auf die Gefahr hin, dass dieses weniger ein Debattenbeitrag ist, denn 
 ein Impressionen-geleiteter Ausdruck meiner Hilflosigkeit, schreibe ich
 ihn trotzdem hin. 
 Meinen Sonntagabend habe ich mit verschiedenen Wehrdienstleistenden im 
 Zug verbracht. Statt uns anzuschweigen, wie es in Abteilwagen und 
 Aufzuegen typisch ist, haben wir geredet: über das Kosovo, über den 
 Krieg, über Befehlsgehorsam und Informationspolitik und, und, und. 
 Meine Gespraechspartner gingen alle davon aus, daß der Einsatz von 
 Bodentruppen wahrscheinlich ist, einige hielten ihn für unabdingbar. Zu 
 meiner Bestuerzung hatten sie dazu ebensowenig eine wirkliche Haltung 
 wie ich selbst. 
 Dieser Krieg ist gerade einmal tausend Kilometer entfernt von uns und 
 dennoch verharre ich ihn Haltungslosigkeit, so als gehe es lediglich um 
 intellektualistische Gedankenspiele und nicht um Ereignisse, die - 
 wie Pete es am Freitag auf diesen Seiten geaeussert hat - den WK III 
 ausloesen koennten. 
 <<Devrim: Eine "Haltungslosigkeit" kann ich bei Dir nicht entdecken, 
 Silvia. Du empörst Dich doch gerade darüber, daß die Gefahr eines WK 
 III bevorsteht und "intellektualistische Gedankenspiele" nicht 
 weiterhelfen. Die Nähe oder Ferne des Krieges finde ich dabei übrigens 
 belanglos. 
 Silvia: Seid Ihr da weiter? Und auf welcher Grundlage? Kann mir jemand 
 seine Haltung vermitteln? Sie mir zum Anprobieren ausleihen? A penny 
 for your positions, my dears! 
 Oder scheint es Euch auch so weit entfernt? Rueckt tatsaechlich in Euer
 Bewusstsein, was Niels so: >> Ich habe den Eindruck, wenn ich mich 
 umhöre bei Bekannten, Freunden, Verwandten, daß auch die, die  nicht 
 auf die Straße gegangen sind, von Bodentruppen nichts halten - weil es 
 dann plötzlich die eigenen Angehörigen sind, und nicht mehr 
 irgendwelche abstrakten Bundeswehrtypen.<< 
 fuer sein Umfeld konstatiert hat? Selbst für die Wehrdienstleistenden 
 schien eine persoenliche Betroffenheit sehr fern zu sein - eher ein 
 Warten, dass der Dienst vorbei, und dann zurueck in das Leben, das für 
 uns alle normal ist und in dem - offenbar - ein KRIEG, von dem wir 
 PERSOENLICH BETROFFEN sind, NICHT VORSTELLBAR ist. 
 <<Devrim:Nicht vorstellbar ist er für uns wohl gerade deshalb, weil wir 
 eben (noch nicht) getroffen sind. Wir gehören auch nicht zu der 
 Generation, die einen Krieg schon mal am eigenen Leib erlebt hat; daher 
 wissen wir noch weniger, was es heißt, bedroht zu sein. Ich glaube, wir 
 haben schlicht keine Ahnung. 
 Silvia: Es ist schon ein Phaenomen, dass ich - und offenbar viele 
 anderen ebenfalls - die Ereignisse nicht nur weit von mir/ uns weisen 
 kann/ koennen, sondern tatsaechlich erst gar NICHT BEGREIFE/N, dass sie 
 so weit nicht weg sind. Fragt sich, warum und wie das geht? 
 <<Devrim: Ich kann die Ereignisse nicht deshalb weit von mir weisen, 
 weil ich nichts damit zu tun haben möchte, was im Kosovo passiert, 
 sondern weil ich wirklich nicht weiß, was Krieg konkret bedeutet. 
 Silvia: Auf derselben Zugfahrt habe ich das "Protokoll des Schreckens" 
 im Spiegel gelesen. Und mich bei dem Gedanken ertappt, wieviel sich 
 davon im Nachhinein als Propaganda erweisen wird. Zynisch? Boesartig? 
 Ja. Und doch wird es so sein. Und selbst diese Tatsache wird die 
 tatsaechlichen Greuel nicht mindern. 
 <<Devrim: Warum "zynisch", "bösartig"? Ist das nicht Kriegs- und 
 Informationspolitik, wie sie schon immer betrieben wurde (ohne sie 
 damit rechtfertigen zu wollen)? Daß Du so denkst, enthüllt keineswegs 
 Deinen persönlichen Zynismus. 
 Silvia: Auch Pete hatte ja in diesem Forum in Zusammenhang mit der 
 Informationspolitik "Beweise" für Erschiessungen undVergewaltigungen 
 eingefordert. 
 Zu Hause begegnet mir am selben Abend das Gedicht des 
 rumaeniendeutschen Schriftstellers Werner Soellner, das oben steht. Was 
 das für mich mit diesem Krieg zu tun hat? Gut - jetzt greife ich auf 
 Gedanken eines Freundes, Philipp Mueller, zu diesem Gedicht zurueck: 
 "Das "Schandmal der Opfer" (Soellner) ist nicht zu tilgen und hat eine 
 nicht zu ueberbrueckende Distanz zwischen Geretteten und Verschonten 
 zur Folge. Waehrend letzteren nur die Einfuehlung in das Leid der 
 Ueberlebenden zu bleiben scheint, ist den Geretteten nur die 
 routinierte Rechtfertigung ihrer selbst moeglich." 
 <<Devrim: Ohne daß ich hier für Philipp sprechen möchte - aber da ich 
 das Vergnügen habe, seine Arbeit zu diesem Thema zu korrigieren, ein 
 paar Worte dazu. Ich glaube nicht, daß wir hier (auf bislang sicherem 
 Boden) die "Geretteten" sind, die Soellner meint. Es trifft wohl eher 
 auf Überlebende von Auschwitz und solche aus Diktaturen zu, die das 
 schlechte Gewissen mit sich tragen, einem Schicksal entkommen zu sein, 
 dem sie ebensogut zum Opfer hätten fallen können. Wir sind da hier und 
 jetzt in einer privilegierteren Position. Du kannst das Gedicht meines 
 Erachtens demnach eher auf die Kosovo-Vertriebenen anwenden. 
 Silvia: Wir fordern "Beweise", zweifeln an den Schilderungen des 
 Schreckens. Brauchen wir sie, um das Vorgehen der Nato und damit das 
 unserer Regierung zu rechtfertigen? Helfen uns Nicht-Beweise bei der 
 Distanzwahrung/ Distanzierung zum Geschehen? Tut sich da die Kluft 
 zwischen Geretteten und Verschonten auf? 
 Braucht es Beweise als Initialzündung für unsere Meinungsbildung? 
 Muesste sich unsere Haltung nicht auf Grundsaetzlicherem 
 gruenden? Abgrenzend scheint das einfacher zu sein, wenn Niels z.B. 
 Gandhis Haltung für sich verwirft. Geht das auch "positiv"? 
 <<Devrim: Gandhis Leistung trägt für mich trotz aller Zweifel, die ich 
 am 'Pazifismus um jeden Preis' mit mir rumschleppe, alle Züge eines 
 Universalismus, der immer und überall anwendbar sein muß. Das 
 Bewundernswerte an Gandhis Haltung ist ja gerade, daß er nicht 
 Tatenlosigkeit beklagt hätte (wie es die Befürworter eines Nato- 
 Eingriffs tun), sondern blinden Aktionismus, was der NATO-Eingriff ja 
 unbezweifelbar ist. Die Philosophie "lieber eingreifen, statt tatenlos 
 bleiben", wie sie Fischer zu beschwören scheint, ist für mich 
 jedenfalls nachwievor unglaubwürdiger als Gandhis Gewaltlosigkeit. 
 Silvia: Das Merkwuerdige in dieser Situation ist, daß ich mich in bezug 
 auf diesen Krieg noch nicht einmal als "Verschonte" begreife, sondern 
 die Situation im Kosovo als eine geradezu fiktionale andere Realitaet 
 empfinde. Wie sonst kann ich mir den Luxus der Haltungslosigkeit 
 erlauben? Was hat die Wirklichkeit der Toten und der Überlebenden mit 
 unserer Wirklichkeit zu tun? 
 <<Devrim: Da hast Du, was ich oben versucht habe auszudrücken. Die 
 letzte Frage, die Du oben stellst, scheint mir die wesentliche zu sein, 
 nicht der Luxus der Haltungslosigkeit oder die Frage des 
 Verschontseins. Du hast eine mögliche Antwort auf Deine Frage bereits 
 angedeutet; ich halte jedenfalls tatsächlich die Gefahr des WK III für 
 unsere derzeitige gemeinsame Wirklichkeit. 
 Silvia: Bodentruppen? Dann doch wohl "nur" mit Zeitsoldaten, eben nicht 
 mit meinen beiden Bruedern, meinen Freunden, Verwandten etc. 
 Dritter Weltkrieg? Also, bitte, wir sind doch im Nachkriegseuropa, im 
 Europa nach dem Krieg, der für uns - zumindest durch diffuse 
 Betroffenheit - zaehlt, dem WK II. EMPFINDET Ihr einen WK III als 
 tatsaechliche Bedrohung? 
 <<Devrim: Ja. Oder glaubst Du an eine Deeskalation, nachdem der 
 russische Vermittlungsversuch von der NATO vom Tisch gewischt wurde, 
 als sei er ein billiger Propaganda-Trick, was er m.E. nicht war? Es 
 geht um Macht, Macht, Macht... 
 Pete schreibt:
 >- NATO-Bodentruppen bedeuten WKIII, ganz klar. Auch wenn unser alko- 
 >  holisierter Kohl-Freund nur lallt, die Kraefte in der Duma wuer- 
 >  den ihn 'trockenlegen'. 
 >Und skizziert als Alternative:
 >- UN oder OSZE Bodentruppen mit Einbeziehung Russlands... Fragt 
 >  sich dann: Wie bekommt man Ru ueber'n Tisch und welche NATO- 
 >  Truppen beteiligen sich daran. 
 Silvia: Dein Einsatz von Nato-Truppen halte ich fuer wahrscheinlicher, 
 den von UN-Truppen fuer wuenschenswerter - sofern der Begriff 
 "wuenschenswert" taugt fuer mich, die ich mir noch nicht im Klaren bin, 
 ob ich nicht doch lieber fuer den sofortigen Stop aller militaerischen 
 Nato-Eingriffe plaedieren soll. Es lebe die Beliebigkeit. 
 Jetzt kaempfen die ersten Russen auf serbischer Seite. Nur Soeldner? 
 Mitwelcher Konsequenz? 
 Wer den WK III als tatsaechliche Bedrohung empfindet und nicht nur 
 paralysiert ist, moege mir seine Gedanken und etwaigen 
 Schlussfolgerungen fuer Handlungen verraten. 
 <<Devrim: Make love... 
 Hey, ich kotze mich gerade mal wieder an in meiner Ahnungslosigkeit - 
 und auch in dem Selbstmitleid, das in diesem Gefühl des Sichankotzens 
 mitschwingt. Also, bitte, um die Handreichung von ein paar Haltungen: 
 zum Abgleichen, Abgucken oder Abgrenzen. Dann kann ich vielleicht den 
 Finger aus dem Hals ziehen. 
 <<Devrim: Das solltest Du sowieso. Kann sein, daß Du ihn für was 
 Besseres brauchst. Zum Beispiel für eine Antwort. Oder für etwas noch 
 Romantischeres. 
 Gruß,
 devrim 
 >
 >S2i 
 >
 >-- 
 >Es weint, was sich wandelt, und sei's auch zum Bess'ren. (Pasolini)
 > 
 >Silvia Feist
 >Redaktion Allegra 
 >Reportage & Zeitgeschehen
 >Gaensemarkt 24 
 >20354 Hamburg
 > 
 >ph: +49-(0)40-347 26 346
 >f: +49-(0)40-347 26 343 

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 Von: km21@c-base.org (24.04.1999)
 An: km21@c-base.org 
 [km 21.0:] Schweigen oder Reden?

 Hallo, liebe Leute,
 Nachdem ich mich zu Silvias Impressionen ausgelassen habe, sind mir im 
 Nachhinein meine eigenen eingefallen. Auf die Gefahr hin, daß ich mit 
 den folgenden Überlegungen den Sinn dieses Forums in Frage stelle, will 
 ich sie euch vorstellen. (Um Silvias Literaturschau an dieser Stelle 
 fortzusetzen:) Kürzlich las ich in einem der Romane Herta Müllers einen 
 Satz, der in etwa so lautet: "Wenn wir schweigen, werden wir 
 unangenehm, wenn wir reden, werden wir lächerlich." Auf die Debatte um 
 den Kosovo-Kireg bezogen bedeutet er für mich: Einerseits möchte ich 
 mitdebattieren, andererseits: was gibt es dazu tatsächlich zu sagen? 
 Das ist kein Plädoyer in Meditation, Gebet oder ähnliche Rituale zu 
 verfallen, lediglich der Hinweis zum einen auf unsere Ahnungslosigkeit, 
 zum anderen auf die Ohnmacht, die mich beschleicht, wenn ich mal wieder 
 Schlagzeilen lese, die mir den Inhalt des dazugehörigen Artikels 
 verleiden. Heißt zu diesem Thema zu schweigen in diesem Fall auch schon 
 "tatenlos" zu sein, wie Pazifisten dieser Tage wohl permanent 
 beschimpft werden? Gerade weil ich die Topoi von "Sprachlosigkeit", 
 "Ohnmacht", "Betroffenheit" und ähnliche doitsche Unarten, die zu 
 solchen Zeiten immer wieder gerne kursieren, am liebsten aus dem 
 Sprachschatz streichen würde, kann ich mich scheinbar mit Herta Müllers 
 "Schweigen", das uns unangenehm macht, umso besser anfreunden und würde 
 den routinierten Talkshow-Debattanden in diesem Sinne am liebsten 
 zurufen: "Haltet's Maul!" Diskussions- und Streitkultur in diesem Land 
 hin und her, glaubt ihr wirklich, wir täten damit mehr als uns unserer 
 elenden Rolle als Beobachter zu vergewissern? 
 Any comments? 
 devrim

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 Von: km21@c-base.org (23.04.1999)
 An: km21@c-base.org 
  [km 21.0:] zweiter Anlauf: km 21.0 - Hilflosigkeit, Haltungslosigkeit, Impressionen

 Gerettet
 Unsere Flucht nennen wir
 Vertreibung, als kaemen wir 
 aus dem Paradies, als schaemten wir uns
 dafuer, dass wir nicht mit den Gegnern 
 marschiert sind. 
 Dass sie so maechtig waren, sagen wir.
 Und dass unser Schrecken so gross war, 
 groesser als unsere Kraft, fuehren wir 
 ins Feld, als muessten wir uns noch 
 immer verteidigen.
 (Werner Soellner) 
 Liebe Leute,
 auf die Gefahr hin, dass dieses weniger ein Debattenbeitrag ist, denn ein 
 Impressionen-geleiteter Ausdruck meiner Hilflosigkeit, schreibe ich ihn 
 trotzdem hin. 
 Meinen Sonntagabend habe ich mit verschiedenen Wehrdienstleistenden im Zug
 verbracht. Statt uns anzuschweigen, wie es in Abteilwagen und Aufzuegen 
 typisch ist, haben wir geredet: über das Kosovo, über den Krieg, über 
 Befehlsgehorsam und Informationspolitik und, und, und. 
 Meine Gespraechspartner gingen alle davon aus, dass der Einsatz von 
 Bodentruppen wahrscheinlich ist, einige hielten ihn für unabdingbar. Zu meiner 
 Bestuerzung hatten sie dazu ebensowenig eine wirkliche Haltung wie ich selbst. 
 Dieser Krieg ist gerade einmal tausend Kilometer entfernt von uns und dennoch 
 verharre ich ihn Haltungslosigkeit, so als gehe es lediglich um 
 intellektualistische Gedankenspiele und nicht um Ereignisse, die - 
 wie Pete es am Freitag auf diesen Seiten geaeussert hat - den WK III ausloesen 
  koennten. 
 Seid Ihr da weiter? Und auf welcher Grundlage? Kann mir jemand seine Haltung
 vermitteln? Sie mir zum Anprobieren ausleihen? A penny for your positions, my 
  dears! 
 Oder scheint es Euch auch so weit entfernt? Rueckt tatsaechlich in Euer
 Bewusstsein, was Niels so 
 > Ich habe den Eindruck, wenn ich mich umhöre bei Bekannten, Freunden, Verwandten,
  dass auch die, die  nicht auf die Strasse gegangen sind, von Bodentruppen nichts 
  halten - weil es dann plötzlich die eigenen Angehörigen sind, und nicht mehr 
  irgendwelche abstrakten Bundeswehrtypen. 
 fuer sein Umfeld konstatiert hat? Selbst für die Wehrdienstleistenden schien 
 eine persoenliche Betroffenheit sehr fern zu sein - eher ein Warten, dass der 
 Dienst vorbei, und dann zurueck in das Leben, das für uns alle normal ist und 
 in dem - offenbar - ein KRIEG, von dem wir PERSOENLICH BETROFFEN sind, NICHT 
 VORSTELLBAR ist. 
 Es ist schon ein Phaenomen, dass ich - und offenbar viele anderen ebenfalls -
 die Ereignisse nicht nur weit von mir/ uns weisen kann/ koennen, sondern 
 tatsaechlich erst gar NICHT BEGREIFE/N, dass sie so weit nicht weg sind. Fragt 
 sich, warum und wie das geht? 
 Auf derselben Zugfahrt habe ich das "Protokoll des Schreckens" im Spiegel
 gelesen. Und mich bei dem Gedanken ertappt, wieviel sich davon im Nachhinein 
 als Propaganda erweisen wird. Zynisch? Boesartig? Ja. Und doch wird es so 
 sein. Und selbst diese Tatsache wird die tatsaechlichen Greuel nicht mindern. 
 Auch Pete hatte ja in diesem Forum in Zusammenhang mit der Informationspolitik 
 "Beweise" für Erschiessungen undVergewaltigungen 
 eingefordert. 
 Zu Hause begegnet mir am selben Abend das Gedicht des rumaeniendeutschen
 Schriftstellers Werner Soellner, das oben steht. Was das für mich mit diesem 
 Krieg zu tun hat? Gut - jetzt greife ich auf Gedanken eines Freundes, Philipp 
 Mueller, zu diesem Gedicht zurueck: "Das "Schandmal der Opfer" (Soellner) ist 
 nicht zu tilgen und hat eine nicht zu ueberbrueckende Distanz zwischen 
 Geretteten und Verschonten zur Folge. Waehrend letzteren 
 nur die Einfuehlung in das Leid der Ueberlebenden zu bleiben scheint, ist den 
 Geretteten nur die routinierte Rechtfertigung ihrer selbst moeglich." 
 Wir fordern "Beweise", zweifeln an den Schilderungen des Schreckens. Brauchen 
 wir sie, um das Vorgehen der Nato und damit das unserer Regierung zu 
 rechtfertigen? Helfen uns Nicht-Beweise bei der Distanzwahrung/ Distanzierung 
 zum Geschehen? Tut sich da die Kluft zwischen Geretteten und Verschonten auf? 
 Braucht es Beweise als Initialzündung für unsere Meinungsbildung? Muesste sich 
 unsere Haltung nicht auf Grundsaetzlicherem 
 gruenden? Abgrenzend scheint das einfacher zu sein, wenn Niels z.B. Gandhis 
 Haltung für sich verwirft. Geht das auch "positiv"? 
 Das Merkwuerdige in dieser Situation ist, dass ich mich in bezug auf diesen 
 Krieg noch nicht einmal als "Verschonte" begreife, sondern die Situation im 
 Kosovo als eine geradezu fiktionale andere Realitaet empfinde. Wie sonst kann 
 ich mir den Luxus der Haltungslosigkeit erlauben? Was hat die Wirklichkeit der 
 Toten und der Überlebenden mit unserer Wirklichkeit zu tun? 
 Bodentruppen? Dann doch wohl "nur" mit Zeitsoldaten, eben nicht mit meinen 
 beiden Bruedern, meinen Freunden, Verwandten etc. 
 Dritter Weltkrieg? Also, bitte, wir sind doch im Nachkriegseuropa, im Europa 
 nach dem Krieg, der für uns - zumindest durch diffuse Betroffenheit - zaehlt, 
 dem WK II. EMPFINDET Ihr einen WK III als tatsaechliche Bedrohung? 
 Pete schreibt: 
 - NATO-Bodentruppen bedeuten WKIII, ganz klar. Auch wenn unser alko-
   holisierter Kohl-Freund nur lallt, die Kraefte in der Duma wuer- 
   den ihn 'trockenlegen'. 
 Und skizziert als Alternative:
 - UN oder OSZE Bodentruppen mit Einbeziehung Russlands... Fragt 
   sich dann: Wie bekommt man Ru ueber'n Tisch und welche NATO- 
   Truppen beteiligen sich daran. 
 Dein Einsatz von Nato-Truppen halte ich fuer wahrscheinlicher, den von
 UN-Truppen fuer wuenschenswerter - sofern der Begriff "wuenschenswert" taugt 
 fuer mich, die ich mir noch nicht im Klaren bin, ob ich nicht doch lieber fuer 
 den sofortigen Stop aller militaerischen Nato-Eingriffe plaedieren soll. Es 
 lebe die Beliebigkeit. 
 Jetzt kaempfen die ersten Russen auf serbischer Seite. Nur Soeldner? Mit
 welcher Konsequenz? 
 Wer den WK III als tatsaechliche Bedrohung empfindet und nicht nur paralysiert
 ist, moege mir seine Gedanken und etwaigen Schlussfolgerungen fuer Handlungen 
  verraten. 
 Hey, ich kotze mich gerade mal wieder an in meiner Ahnungslosigkeit - und auch in
 dem Selbstmitleid, das in diesem Gefühl des Sichankotzens mitschwingt. Also, 
 bitte, um die Handreichung von ein paar Haltungen: zum Abgleichen, Abgucken 
 oder Abgrenzen. Dann kann ich vielleicht den Finger aus dem Hals ziehen. 
 S2i 
 --
 Es weint, was sich wandelt, und sei's auch zum Bess'ren. (Pasolini) 
 Silvia Feist 
 Redaktion Allegra
 Reportage & Zeitgeschehen 
 Gaensemarkt 24
 20354 Hamburg 
 ph: +49-(0)40-347 26 346
 f: +49-(0)40-347 26 343 

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 Von: km21@c-base.org (23.04.1999)
 An: km21@c-base.org 
 [km 21.0:] ÇRE>[km 21.0-] zu den Rundb
 ÇRE>[km 21.0:] zu den Rundbriefen

         Antwort auf:
 >>>Peter: mmm, denkst'e wirklich, dass die manuelle Numerierung von emails nuetzlich
  oder praktisch ist?...<<< 
 Ja, finde ich schon, natürlich muss das niemand machen. Jeder wie er Lust hat. Ich
  erkenne in Deinen Vorschlägen natürlich die üblichen Regeln der Newsgroups wieder, 
  aber erstens stellen die meisten Mail-Server ohnehin automatisch ein RE vor eine 
  Antwort sowie > vor die Quotes, und zweitens soll km 21.0 Spass machen und möglichst 
  ohne Regeln auskommen - die lenken immer nur vom Wesentlichen ab. 
 >>>Ausserdem ware ein Subjekt/Titel mit Bezug auf den Inhalt wesent- 
 lich informativer. Man kann ja Deine Numerierung davor setzen. 
 z.B.: brief 99.1: Kosovo-Konflikt<<< 
 Gute Idee, kein Problem, können wir machen. 
 >>>Ein Archiv waere von Vorteil. Eventuell auf der Homepage oder als 
 email per request an den listserver. Ein Moderator sollte dort 
 z.B. test-mails oder spam loeschen koennen<<< 
 kommt alles, braucht nur seine Zeit. 
 >>>und auch Richtlinien in 'nem FAQ veroeffentlichen.<<<
 bitte keine Richtlinien - s.o. 
 >>So, ist das zuviel deutsche Ordnung?<<<
 Ja, ein wenig schon. 
 Immer alles schön entwickeln lassen - Anarchie ist gut für die Kommunikation!

 Ciao 

 Niels

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 Von: km21@c-base.org (21.04.1999)
 An: km21@c-base.org 
 Kopie: km21.0@excite.com
 [km 21.0:] brief 99.2 

 km 21.0

 Brief 99.2
 1. 
 Der Staat Jugoslawien ist endgültig vergiftet. Vom Nationalismus, dem 
 serbischen ebenso wie dem albanischen. 
 Was genau bedeutet das? Wollen Serben und Albaner partout nicht mehr 
 nebeneinander in denselben Städten und Dörfern leben? Oder bedeutet es, daß 
 sie sich nicht mehr einer staatlichen Autorität des jeweils anderen beugen 
 werden? 
 Fall 1: Stellen wir uns auf eine Generation Guerilla-/Bürgerkrieg ein,
 ebenso wie in Nordirland. Das Problem ist nicht auch nach dem Ende des 
 Nato-Kriegs nicht lösbar. 
 Fall 2: Es gibt eine Lösung - GANZ EX-JUGOSLAWIEN MUSS IN DIE EU AUFGENOMMEN
 WERDEN. Albaner, Serben, Bosnier, Kroaten... werden sich dann derselben 
 Autorität beugen müssen - aber nicht mehr einander. Das ist eine enorme 
 Herausforderung der EU: Sie muß sich eingestehen, daß nur ein Europa der 
 Regionen, nicht der Nationen eine Zukunft hat. 
 2. 
 Die Marktfundamentalisten schlagen wieder zu. Altavista hat angekündigt,
 Suchbegriffe zu versteigern: Wer am meisten für sein Keyword zahlt, wird bei 
 Suchergebnissen ganz oben in der Liste plaziert. 
 Wieder einmal erweist sich das Gerede von der Wissensgesellschaft als 
 bodenloses Geschwafel. Von wegen „Ressource" Wissen, die jedem offensteht 
 und ungeahnte Chancen eröffnet. Was relevantes Wissen ist, bestimmt im 
 Internet künftig der Kapitalstärkste. 
 Die Vielfalt der Meinungen wird unter gekauften Statements begraben. 
 Denn es geht nur um eins: CONSUMO ERGO SUM - und sonst gar nix. 
 Niels 

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 Von: km21@c-base.org (19.04.1999)
 An: km21@c-base.org 
 [km 21.0:] [km 21.0-] Re- km 21.0 -  brief 99.1

         Antwort auf:
 Liebe km 21.0er,
 hier ein paar kurze erste Erwiderungen zu Kommentaren auf meine 
  "Zahlenspielereien": 
 -Silvia: Mir wird nicht klar, was diese Zahlenspielereien sollen,
 -Peter: Spielt ueberhaupt keine Rolle. Es spielt auch ueberhaupt 
 keine Rolle ob und wie viele Fluechtlinge beim 'versehent- 
 lichem Missgeschick' abgeschlachtet wurden. 
 Natuerlich werden zivile Ziele zerstoert: Bruecken, Raffinerien, 
 Kraftwerke usw. und dabei auch Zivilisten getoetet! Dies 
 ist ein Krieg und wer will da die Grenze zwischen zivil 
 und militaerischen Einrichtungen trennen? Ist ein Militaer- 
 bunker in dem Zivilisten Schutz finden ein militaerisches 
 oder ziviles Objekt? 
 -> Worum es mir nicht geht: Wieviel im einzelnen wo getroffen wurde - ich wollte
  damit meinen Unwillen darüber ausdrücken, dass ich verarscht werde, weil mir 95 
  Prozent der möglichen Informationen vorenthalten werden. Klar: Der Zyniker sagt 
  immer, dass so etwas keine Überraschung sei.  Aber das tatsächliche Ausmass der 
  Desinformation finde ich doch bemerkenswert für "demokratische" 
  "Informationsgesellschaften" wie die westlichen. 
 Denn von da bis zu "1984" finde ich es wirklich nicht so weit. Wir sollten nur nicht 
  den Fehler machen, uns einen totalitären Desinformationsstaat als freudlos, 
  unästhetisch und permanent gewalttätig wie im Orwell-Roman vorzustellen, und weil 
  unser Alltag so nicht ist, die ganze Idee als Vision zu den Akten zu legen, die von 
  der Geschichte überholt wurde. 
 -Niels: Wir wissen nicht, was für ein Krieg das ist.
 -Silvia: Das ist kriegsinhärent. Wir wissen immer erst hinterher, 
 -Peter: Und das ist ziemlich irrelevant. Da wir 
 1. nie erfahren werden, wie es dort wirklich war. 
 2. wir das gar nicht wissen brauchen. 
 3. Krieg=Krieg=Krieg... 
 -> Krieg=Krieg=Krieg? Nein! Ich hänge noch immer der altmodischen Unterscheidung an,
  nach der Guerillakriege etwa der französischen Resistance gegen die Nazis etwas 
  anderes sind als die Angriffe der Nazis auf die europäischen Länder. 
 Im übrigen meine ich, ist uns unsere Regierung allemal Rechenschaft darüber 
  schuldig, was für einen Krieg sie da mitführt und warum. 
 Krieg=Krieg=Krieg: Diese Position kaufe ich nur jemandem ab, der g l a u b h a f t 
  Gandhis Haltung verkörpert und vertritt. Ich kann mich leider nicht zu Gandhis 
  Haltung durchringen, deshalb m u s s ich Unterschiede zwischen verschiedenen 
  Kriegen treffen. 
 -Niels: Für einen Bodenkrieg, der nicht der Verteidigung dient, gibt es
 in den Nato-Staaten keine öffentliche Unterstützung. 
 -Peter: Wer bestimmt denn das? Wer bildet die oeffentliche Meinung?!? Und ist es 
  nicht die Minderheit eines Staates (evtl. nicht D'land ?), 
 die auf die Strassen geht um dagegen zu protestieren? Hier auf 
 der Insel ist die Mehrheit fuer Bodentruppen!!! Ist ja wohl auch 
 Einsichtig, nachdem man sieht, dass nur Lufthoheit nicht ausreicht 
 um die 'Ziele' zu erreichen -> Exodus. 
 -> Ich habe den Eindruck, wenn ich mich umhöre bei Bekannten, Freunden, Verwandten, 
  dass auch die, die  nicht auf die Strasse gegangen sind, von Bodentruppen nichts 
  halten - weil es dann plötzlich die eigenen Angehörigen sind, und nicht mehr 
  irgendwelche abstrakten Bundeswehrtypen. 
 Auf Peters sehr ausführliche Liste der Alternativen werde ich später eingehen, muss 
  jetzt erst mal weiter arbeiten. 
 Bis dahin ciao
 Euer Niels 

 ======================================================================

 Von: km21@c-base.org (16.04.1999)
 An: km21@c-base.org 
 [km 21.0:] Re: km 21.0 - brief 99.1

 Niels Boeing wrote:
 > > Die Nato hat laut General Clark in 3 Wochen knapp 6000
 > > Luftangriffe geflogen, 
 Was sind Luftangriffe? z.B. auch Aufklaerungsfluege und
 Radarjamming? 
 > > von denen rund 1600 Misserfolge
 > > waren. 
 Was sind Misserfolge? Fehltreffer? Aborts due to bad
 weather? 
 > > Das bedeutet: 4400 Ziele wurden getroffen. Wenn
 > > ich alle zerstörten Brücken, Raffinerien, Gebäude... 
 > > zusammenzähle, über die im Fernsehen berichtet wurde, 
 > > komme ich auf höchstens 100 erwähnte Ziele in den drei 
 > > Wochen. 
 > > Was ist mit den restlichen 4300 Zielen???
 Willst'e etwa 'ne Liste der Ziele mit ewentuell Namen 
 der Toten und auf welchem Friedhof sie verscharrt wurden? 
 > Mir wird nicht klar, was diese Zahlenspielereien sollen, 
 Spielt ueberhaupt keine Rolle. Es spielt auch ueberhaupt 
 keine Rolle ob und wie viele Fluechtlinge beim 'versehent- 
 lichem Missgeschick' abgeschlachtet wurden. 
 > die möglicherweise in sich schon fake sind, 
 jenau 
 > werden und wäre demnach überrascht, wenn Zivilisten NICHT
 > be-/getroffen würden. 
 Natuerlich werden zivile Ziele zerstoert: Bruecken, Raffinerien,
 Kraftwerke usw. und dabei auch Zivilisten getoetet! Dies 
 ist ein Krieg und wer will da die Grenze zwischen zivil 
 und militaerischen Einrichtungen trennen? Ist ein Militaer- 
 bunker in dem Zivilisten Schutz finden ein militaerisches 
 oder ziviles Objekt? 
 > > Wir wissen nicht, was für ein Krieg das ist.
 > Das ist kriegsinhärent. Wir wissen immer erst hinterher, 
 Und das ist ziemlich irrelevant. Da wir 
 1. nie erfahren werden, wie es dort wirklich war. 
 2. wir das gar nicht wissen brauchen. 
 3. Krieg=Krieg=Krieg... 
 > Ich halte es für eine Illusion, zu erwarten, dank der
 > Informationstechnologie, würden sich uns Kriege etc genau 
 > erschliessen und damit die Basis für unsere Haltung dazu 
 > geschaffen. 
 siehe Kuwait...

 > > Im Jahre 6 des Informationszeitalters nNN (= nach Netscape
 > > Navigator) fehlen uns dazu ausgerechnet: INFORMATIONEN. 
 mmmm... 
 1.) Wir befinden uns im Jahre 5 nach NN und
 2.) im Jahre 6 nach Mosaic 
 see http://www.inf.bme.hu/htmlhelp/index.html
 Info's gab's auch schon vorher. Nur weniger aber dafuer 
 auch weniger Gefaelschte.... 
 > > 3. Die Nato ist nur ein Halbstarker.
 > > Die Nato hat mit diesem seltsam erfolglosen Bombardement ihren 
 > > Ruf lädiert. 
 Naja, bei wem?
 > > Für einen Bodenkrieg, der nicht der Verteidigung dient, gibt es 
 > > in den Nato-Staaten keine öffentliche Unterstützung. 
 Wer bestimmt denn das? Wer bildet die oeffentliche Meinung?!? Und 
 ist es nicht die Minderheit eines Staates (evtl. nicht D'land ?), 
 die auf die Strassen geht um dagegen zu protestieren? Hier auf 
 der Insel ist die Mehrheit fuer Bodentruppen!!! Ist ja wohl auch 
 Einsichtig, nachdem man sieht, dass nur Lufthoheit nicht ausreicht 
 um die 'Ziele' zu erreichen -> Exodus. 
 Ist die Situation nicht genau so: 
 - Ohne die geringen Auswirkungen auf den Irak zu beruecksichtigen,
   sprechen sich die Regierungen der NATO fuer Luftangriffe aus und 
   hoffen dadurch den 'Buergerkrieg' zu beenden. 
 - Nun sieht man Misserfolg deutlich (Exodus), kann aber nicht mehr 
   zurueck, da man sonst 'sein Gesicht' verlieren wuerde... Alles 
   natuerlich auf Kosten von Menschenleben. 
 Unwahrscheinliche Loesungen: 
 - Serbien gibt nach. Unrealistisch, siehe Sadam...
 - Putsch in Serbien. Unrealistisch, da Milosovic alle 'Untreuen' 
   entlassen hat. 
 - NATO-Bodentruppen bedeuten WKIII, ganz klar. Auch wenn unser alko-
   holisierter Kohl-Freund nur lallt, die Kraefte in der Duma wuer- 
   den ihn 'trockenlegen'. 
 oder: 
 - KLF wird aufgeruestet und vertreibt restliche serbische Truppen, 
   die dem Bombardement entgangen sind -> risky 
 - UN oder OSZE Bodentruppen mit Einbeziehung Russlands... Fragt 
   sich dann: Wie bekommt man Ru ueber'n Tisch und welche NATO- 
   Truppen beteiligen sich daran. 
 Any other sugestions?
 Weitere unloesbare Fragen: 
 a) Warum sehen wir keine Bilder vom 'versehentlichen' Bombardement
    des/der Fluechtling-Trecks? Waren die NATO nicht superschnell 
    beim Zeigen des Aus-Heiterem-Himmel-Auftauchenden-Zuges oder 
    der "Ich komme durch Deine Klimaanlage"-Bomben in Bagdad... 
 b) Wieso werden Piloten aus tiefstem Serbien gerettet aber keine 
    "Beweise" fuer Erschiessungen oder Vergewaltigungen gezeigt? 
    Wenn man die Position von vermutlichen Massengraebern per Sate- 
    lit bestimmen kann, kann man da nicht 'gezielt' Nachforschen? 
    Wie waer's mit 'nem speziellen Einsatzkomando? Wer weldet sich 
    freiwillig? 
 Im Endeffekt bleibt alles beim alten: Im Westen nix neu'es und
 Krieg bleibt Krieg. Schau'n wa ma, wie wa da 'rauskommen.... 
 PETE 
 P.S.: Dies ist meine erste mail an km21. Deshalb entschuldigt, wenn
       ich hier was wiederhole. Gibt's eventuell ein Archiv, das 
       online ist? Einige listserver erlauben naemlich solch eine 
       Anfrage, die dann per email aeltere threads verschickt. 
 -- 
 Edinburgh Anisotropy Project             British Geological Survey
 ------------------------------------------------------------------ 
 Peter Hanssen       | 
 c/o BGS             | 
 Murchison House     | 
 West Mains Road     | 
 Edinburgh, EH9 3LA  |                   Peter.Hanssen@glg.ed.ac.uk
 United Kingdom      |   http://www.glg.ed.ac.uk/home/Peter.Hanssen

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 Von: km21@c-base.org (15.04.1999)
 An:   km21 
 [km 21.0:] ÈRE>km 21.0 - brief 99.1
 

 ein paar erste schnelle Anmerkungen.
 > 1. In Europa ist Krieg. 
 >
 > Die Nato hat laut General Clark in 3 Wochen knapp 6000 Luftangriffe geflogen, von 
  denen rund 1600 Misserfolge waren.  Das bedeutet: 4400 Ziele wurden getroffen. Wenn 
  ich alle zerstörten Brücken, Raffinerien, Gebäude... zusammenzähle, über die im 
  Fernsehen berichtet wurde, komme ich auf höchstens 100 erwähnte Ziele in den drei
  Wochen. 
 > Was ist mit den restlichen 4300 Zielen???
 Mir wird nicht klar, was diese Zahlenspielereien sollen, weder von Nato-Seite noch 
  von Deiner. Ich bin auch nicht überzeugt, dass Du die Zahlen, die möglicherweise in 
  sich schon fake sind, richtig interpretierst. Sind 4400 "Erfolge" wirklich ein 
  Synonym für 4400 zerstörte Ziele? Was würden mir Nummerntäfelchen an den X anderen 
  Zielen bringen? Ich habe keine ernsthaften Zweifel daran, dass auch 
 zivile Einrichtungen bei den Bombardements zerstört werden und wäre demnach 
  überrascht, wenn Zivilisten NICHT be-/getroffen würden. 
 > Wir wissen nicht, was für ein Krieg das ist. 
 Das ist kriegsinhärent. Wir wissen immer erst hinterher, was für ein Krieg das WAR. 
  Und es wird m.E. auch immer erst hinterher deutlich, was man hätte wissen können - 
  im WK II ebenso wie in Vietnam oder im Jahre 2 vNN am Golf  (die Geschichte um 
  Annex B-erühmt-berüchtigt durchbricht dieses Prinzip nur bedingt). Das hat auch 
  etwas mit dem WISSENWOLLEN zu tun. 
 Ich halte es für eine Illusion, zu erwarten, dank der Informationstechnologie,
  würden sich uns Kriege etc genau erschliessen und damit die Basis für unsere Haltung 
  dazu geschaffen. 
 > Im Jahre 6 des Informationszeitalters nNN (= nach Netscape Navigator) fehlen uns
  dazu ausgerechnet: INFORMATIONEN. 
 > Eine halbe Milliarde Websites helfen uns nicht - wir wissen nicht, was im Kosovo
  wirklich vor sich geht, was im Vertrag von Rambouillet wirklich stand, als die 
  Serben nicht unterschrieben, wohin die Bomben wirklich fallen, wo zehntausende 
  Flüchtlinge wirklich sind... 
 Ja, ja, ja - und dennoch gehen wir auch in diesem Krieg an der INFORMATIONSFLUT
  unter. Wieviele Menschen, politische JournalistInnen einmal ausgenommen, kennt Ihr 
  denn, die auch in Woche 4 noch die Artikel, Berichte etc aufnehmen, und sich dann 
  womöglich auch noch damit befassen. Ich habe den Eindruck, die meisten sind längst 
  ermüdet von dem Gefühl: Ja, schrecklich, aber jetzt weiss ich's auch. 
 (Frage an die JournalistInnen unter uns, ob überhaupt und wenn ja wie man auf dieses 
  Phänomen des Überdrusses (?)/ der Überforderung (?) reagieren kann.) 
 > 2. Wer hält die alten Linken Werte aufrecht? 
 > 
 >  Dominic Johnson schreibt in der taz vom 8.4.99:
 > "Robin Cook und Joschka Fischer erweisen sich heute als die wahren Erben des 
  abgelutschten Begriffs der internationalen Solidarität... Manche Leute, die noch 
  vor zehn Jahren militärische Siege von Befreiungsbewegungen in entfernten Ländern 
  bejubelten und deutsche Polizisten Faschisten nannten, verschliessen plötzlich vor 
  dem real existierenden Faschismus der Arkan-Milizen im Kosovo die Augen." 
 Hast Du eine Meinung zu diesem Zitat? Oder führst Du uns das vor als die Wende nicht 
  nur Fischers, sondern auch der taz? Was sind denn die linken Werte, die 
  hochgehalten werden sollen? Pazifismus gehörte zumindest nicht zu den ersten Ideen 
  linken Ideenguts, zählst Du ihn heute zu den linken Werten? 
 > 3. Die Nato ist nur ein Halbstarker. 
 > 
 > Die Nato hat mit diesem seltsam erfolglosen Bombardement ihren Ruf lädiert. Für
  einen Bodenkrieg, der nicht der Verteidigung dient, gibt es in den Nato-Staaten 
  keine öffentliche Unterstützung. Das heisst: Die Nato ist nicht in der Lage, 
  Weltpolizei zu spielen, ohne vorher die politischen Systeme ihrer Mitgliedsstaaten 
  zu schlachten. 
 Klingt nach unabwendbarer Eigendynamik. Ist das wirklich so? Muss nochmal drüber
 nachdenken. 

 Silvia aka S2i

 ===========================================================================

 Von: km21@c-base.org (14.04.1999)
 An: km21@c-base.org 
 [km 21.0:] A War

 Wieso habe wir Krieg? 
 Wo sind die Proteste, was ist der Unterschied zum Golfkrieg, es gab mehr
 Gegenstimmen (die Strasse), obwohl uns dieser Krieg viel ferner lag. Jetzt 
 aber sind wir direkt eingebunden. 
 Hey Krieg Mann, klar normal. Manchmal denke ich ich bin ein Anachronismus.
 Wieso musste erst Rot-Gruen gewaehlt werden, bevor wir losschlagen konnten? 
 Jetzt bin ich aber wirklich gespannt...

 Euer Knut 

 %%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%
 Knut Stahrenberg 
 Technische Universität Berlin
 Sekr. PN 6-1 
 Hardenbergstr. 36
 10623 Berlin, Germany 
 Tel: ++49-30-314-23262
 Fax: ++49-30-314-21769 
 email: knut@gift.physik.tu-berlin.de

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 Von: km21@c-base.org (14.04.1999)
 An:   km21 
 [km 21.0:] brief 99.1

 km 21.0
 brief  99.1

 1. In Europa ist Krieg. 
 Die Nato hat laut General Clark in 3 Wochen knapp 6000 Luftangriffe geflogen, von 
  denen rund 1600 Misserfolge waren.  Das bedeutet: 4400 Ziele wurden getroffen. Wenn 
  ich alle zerstörten Brücken, Raffinerien, Gebäude... zusammenzähle, über die im 
  Fernsehen berichtet wurde, komme ich auf höchstens 100 erwähnte Ziele in den drei 
  Wochen. 
 Was ist mit den restlichen 4300 Zielen???
 Wir wissen nicht, was für ein Krieg das ist. Im Jahre 6 des Informationszeitalters 
  nNN (= nach Netscape Navigator) fehlen uns dazu ausgerechnet: INFORMATIONEN. 
 Eine halbe Milliarde Websites helfen uns nicht - wir wissen nicht, was im Kosovo 
  wirklich vor sich geht, was im Vertrag von Rambouillet wirklich stand, als die 
  Serben nicht unterschrieben, wohin die Bomben wirklich fallen, wo zehntausende 
 Flüchtlinge wirklich sind... 

 2. Wer hält die alten Linken Werte aufrecht?
  Dominic Johnson schreibt in der taz vom 8.4.99: 
 "Robin Cook und Joschka Fischer erweisen sich heute als die wahren Erben des 
  abgelutschten Begriffs der internationalen Solidarität... Manche Leute, die noch 
  vor zehn Jahren militärische Siege von Befreiungsbewegungen in entfernten Ländern 
  bejubelten und deutsche Polizisten Faschisten nannten, verschliessen plötzlich vor 
 dem real existierenden Faschismus der Arkan-Milizen im Kosovo die Augen." 

 3. Die Nato ist nur ein Halbstarker. Die Nato hat mit diesem seltsam erfolglosen 
Bombardement ihren Ruf lädiert. Für
  einen Bodenkrieg, der nicht der Verteidigung dient, gibt es in den Nato-Staaten 
  keine öffentliche Unterstützung. Das heisst: Die Nato ist nicht in der Lage, 
  Weltpolizei zu spielen, ohne vorher die politischen Systeme ihrer Mitgliedsstaaten 
  zu schlachten. 
 Was zunächst wie das Ende der UNO aussah, könnte sich schon in wenigen Tagen als der
  Beginn einer neuen UNO-Ära herausstellen. 

 Niels 


© 2000 km 21.0