vier szenarien der
gesellschaftlichen entwicklung

Moritz Avenarius, Paderborn, Juni 2004

Agenda 2010, Hartz IV und Globalisierung: Auf dem Weg in welche Zunkunft befinden wir uns - in eine kältere, weil unsoziale oder eine effizientere, weil "schlanker" verwaltete? Die zeitgenössische Zukunftsforschung versucht diese Fragen nicht mehr mit Prognosen und Trend-Hochrechnungen zu beantworten, sondern mit Szenarien, die der Komplexität der Welt Rechnung tragen.

In den vergangenen Jahren habe ich im Rahmen meiner beruflichen Tätigkeit verschiedene Szenarien über die künft ige Entwicklung (unter verschiedenen Gesichtpunkten, d.h. ökonomisch, sozial, etc.) der (primär) westlichen Gesellschaften erarbeitet bzw. die anderer Institute gelesen. Meine Quintessenz hieraus sind vier Hauptbilder, die ich in hier kurz vorstellen will



In der Tradition der anglo-amerikanischen Szenarien würde man dieses Bild mit Hilfe zweier Entwicklungsdimensionen aufspannen, welche die (wie auch immer) identifizierten wichtigsten treibenden Kräfte darstellen. Ich habe hierauf aus mehreren Gründen bewusst verzichtet. Zum einen reduziert es die Komplexität viel zu sehr, da es meist mehr als nur zwei treibende Entwicklungen gibt. Zu dem lässt es jedem Betrachter Freiraum, sein Koordinatensystem hier aufzufinden. Zum anderen sehe ich diese vier Bilder in erster Linie als Eckpunkte, zwischen denen es viele Übergangsszenarien gibt, Mischformen sozusagen, die leicht verloren gehen.

Sie stecken gleichsam in den Fragen, welche ich an die Übergänge geschrieben habe. Für mich war nämlich die spannende Entdeckung, dass viele verschiedene Szenariobeschreibungen unterschiedlicher Autoren sich ähneln bezüglich der relativen Lage der unterschiedlichen Bilder. Natürlich lässt das letztlich auf ähnliche Koordinatensysteme in den Köpfe verschiedener Zukunftsdenker schließen. Den Vorteil sehe ich allerdings darin, dass man weniger über die mehr oder weniger passenden Achsen streitet, als mehr, welche Haupt-, Neben- und Übergangsbilder existieren.

Jedes dieser Bilder enthält im übrigen Licht- und Schattenseiten und je nach weltanschaulicher Couleur wird mal dieses, mal jenes positiv bzw. negativ gesehe n. an paar Anmerkungen dazu meinerseits: Das überwiegende Wunschbild ist (natürlich) bei den meisten Kommentatoren die selbstorganisierte Gesellschaft oben. Allerdings sehen viele sie auch als Ideal an, von dem keiner so genau weiß wie diese Gesellschaft zu erreichen ist – und ob sie wirklich in der Praxis stabil wäre. Ein klassischer Einwand ist dann häufig, ob die Masse der Menschen jemals fähig und bereit wäre, permanent sich mutig und risikofreudig selbst zu organisieren – oder ob nicht doch viele lieber ein Stück Verantwortung an übergeordnete Einrichtungen delegieren.

Dann wird oftmals eine Entwicklung in Richtung Survival-Gesellschaft erwartet, insbesondere in Verbindung mit den Folgen der (primär ökonomisch verstandenen) Globalisierung. Kritiker der Globalisierung sehen unsere Gesellschaften eh schon auf diesem Weg und erkennen in den dann herrschenden äußeren Strukturen eher die Ursachen, warum eine Entwicklung zu mehr Selbstorganisation ausbleibt. Deren liberale Kritiker sehen natürlich Deutschland heute schon in dem Reglementierungs-Szenario unten gefangen und je nach Grad der Verzweiflung hoffen Sie auf eine Erlösung in Richtung Katastrophe. Und Sozialdemokraten alten Schlages wünschen sich wohlmöglich das Harmonie-Szenario, wobei hier oft als Gefahr ein Widererstarken auch nationalistischer Tendenzen (Trutzburg-Haltung) befürchtet wird.

Wie gesagt, die vier Bilder sind nur die Eckpunkte, zwischen denen je nach Komplexität der Ausschmückung mit weiteren Einflussgrößen als die angedeuteten auch jede Menge Zwischenwelten erschaffen lassen. auch ist für mich nicht abschließend geklärt, auf welche geographisch-kulturellen Räume sich das Modell ausdehnen lässt. China etwa ist meiner Einschätzung nach durchaus irgendwo zwischen Harmonie- und Reglemtierungs-Szenario mit starkem Staat aber auch aktiven Interessensgruppen, während Kalifornien vielleicht sogar schon zwischen Harmonie und Selbstorganisation steht in manchen Bereichen.

[zurück zum Anfang]



© 2004 km 21.0 - diese Seite ist Bestandteil von www.km21.org