der cyberspace als naturwahrnehmung

Seit 20, 30 Jahren ist uns klar, daß wir durch das anhaltende quantitative Wachstum Raubbau an unserem Planeten betreiben. Dabei summiert sich auch die kleinste Verschwendung im privaten Alltag, abgesehen von den Folgen der industriellen Produktion. Wir sehen jährlich Satellitenbilder des schwindenden Regenwalds, lesen über den Rückzug der gletscher, die steigende Durchschnittstemperatur der Erdatmosphäre. So what?

Wir verstehen das komplexe Gefüge und unseren Ort darin nicht. Die Naturwissenschaft, die mit Batterien von Hochleistungsrechnern die Strutur des Systems Erde aufschlüsseln will, liefert doch keine unmittelbare Erkenntnis, wie sich unser einzelnes Handeln darin auswirkt. Und wir erleben im Alltag kein Feedback für Stromverschwendung, für achtlos auf die Straße geworfenen Müll, für ökologisch unsinnige Kaufentscheidungen.

Wie in jedem komplexen System sind Ursache und Wirkung entkoppelt. Die Reaktion findet woanders, mit Zeitverzögerung, statt. Dies um so mehr, je städtischer wir leben und je schneller. Was wir brauchen, ist unmittelbare ökologische Erkenntnis. Virtuelle Realität, bisher eine gehypete, aber nutzlose Technik, könnte uns diese per Simulation vermitteln. So wie Alex in Clockwork Orange plötzlich Gewalt und Vergewaltigung selbst durchleben mußte, müßten wir in die perspektive des Käfers in der verdreckten Stadt, der Forelle im zyanidverseuchten Fluß, des Baum, an den die Kettensäge gelegt wird, versetzt werden.

Nachhaltigkeit wird erst dann funktionieren, wenn unser Bewußtsein Teil eines kollektiven Bewußtseins des komplexen Kökosystems Erde wird. Frühere Kulturen konnten dies,weil sie noch teil des sie umgebenden Ökosystems waren und ihr Rhythmus dasselbe Tempo hatte. In der urbanisierten Technosphäre hat sich unser Rhythmus beschleunigt, wir sind auch den nichturbanen Gegenden davongeeilt.