voodoo im elfenbeinturm

Die Aufnahme von wissenschaftlichen Erkenntnissen in der nicht-wissenschaftlich gebildeten Bevölkerung wird durch Barrieren wie einen nicht allgemein verständlichen Jargon, Formalisierung oder Mathematik erschwert. Dies führt einerseits zu einer Ghettoisierung der Wissenschaft - das Klischee des zerstreuten, hochintelligenten Wissenschaftlers, der von dem, worauf es im Leben ankommt, keine Ahnung hat -, andererseits zu einem Hohepriestertum, das Herrschaftswissen produziert und kontrolliert, was Feyerabend beklagt hat.

Was von den Wissenschaften über die Medien in die Öffentlichkeit dringt, sind meist gelöste "Rätsel" (im Kuhnschen Sinne), die entweder spektakulär oder technisch verwertbar sind, oder Wissenschaftsmythen. Damit ist die Fiktion eines linearen Erkenntniszuwachses gemeint, die Reduktion auf schlagwortfähige Thesen oder Beziehungen wie E = mc2, die Ikonisierung genialer Wissenschaftler - Einstein und seine unsägliche herausgestreckte Zunge -, besonders in den Naturwissenschaften. Eine Auseinandersetzung mit der nicht-wissenschaftlichen Öffentlichkeit hinsichtlich der eigenen Paradigmen findet im Prinzip nicht statt. Je unverständlicher die Darstellung, desto seriöser die wissenschaftliche Arbeit. Was für die Öffentlichkeit bleibt, sind die Heldenepen von Nobelpreisträgern.

Das Selbstverständnis der Wissenschaft, nicht in die Niederungen der Subjektivität herabzusteigen, verspielt jedoch leichtfertig die Möglichkeit, die Konsequenzen wissenschaftlicher Erkenntnis selbst zu vermitteln, und wird Außenstehenden überlassen. So kann der Nimbus der Wissenschaft zur Objektivierung von Aberglauben und Meinung benutzt werden ("Wissenschaftler haben herausgefunden..."). Der Objektivitätsanspruch wissenschaftlicher Erkenntnis und die gleichzeitige Abwesenheit der Wissenschaftler laden förmlich dazu ein, Wissenschaftlichkeit in einer politischen Auseinandersetzung oder für ökonomische Zwecke als Waffe zu gebrauchen. Zahlen machen aus Meinungen Fakten, was mit Zahlen belegbar ist, kann den Anspruch auf Wissenschaftlichkeit erheben.