d. das kapitel vom geld
aus: Gunnar Heinsohn/Otto Steiger, „Eigentum, Zins und Geld - ungelöste Rätsel der Wirtschaftswissenschaft“, Rowohlt 1996

Zusammenfassung: Eigentumsbelastung und Eigentumsverpfändung im Kreditkontrakt

Geld ist nicht da und wird auch nicht einfach von einer Institution zur Verfügung gestellt, damit man es verleihen kann. Es kann nur in einem Kreditkontrakt entstehen, der zwischen Eigentümern geschlossen wird, so dass die Schaffung von Geld und sein Verleihen uno actu erfolgen.

Das in den Kreditkontrakten geschaffene Geld wird in einem Geldstandard ausgedrückt, den Keynes als money of account bezeichnet hat. Er hat ihn zu Recht als Hauptbegriff der Geldtheorie etabliert, ohne den das eigentliche Geld, Keynes' money proper, nicht vorgestellt werden kann.

Hawtreys berühmte Formel, dass Geld nicht das Schuldenmachen ermöglicht, sondern das Schuldenmachen überhaupt erst zur Festlegung dessen nötigt, was Geld ist, hat sich in den beiden Begriffen rnoney of account und money proper niedergeschlagen. Das eigentliche Geld gibt es nur in Beziehung auf einen Schuldkontrakt. Dieser muss ihm vorhergehen, damit es selbst emittiert werden kann. Deshalb ist die richtige Antwort auf die Frage, „Wie kommt es zum Geld?“ im Sinne von eigentlichem Geld nur zu f inden, wenn zuvor die Frage beantwortet wird: „Warubm gibt es zinsbelastete, durch Eigentum gesicherte Schuldkontrakte?“ Der Standard, in dem diese Kontrakte ausgedrückt werden, Keynes' rnoney of account also, determiniert das eigentliche Geld, Keynes' Money proper, womit sie zu erfüllen sind. Das eigentliche Geld ist also immer Schuldendeckungs- oder Zahlungsmittel.

Das eigentliche Geld verschwindet wieder, wenn der es generierende Kontrakt erfüllt worden ist. Das bedeutet, dass Geld die Kontrakte, in denen es geschaffen und verliehen worden ist, wieder aufzulösen hat. Eine Geldhaltung zur Erzielung einer in Zins materialisierbaren Liquiditätsprämie widerspricht seiner Bindung an die Existenz der Kreditkontrakte. Sie besteht deshalb nur unfreiwillig in der Form von Mindestreserve, Schwarzgeld und Sorten in Weichwährungsländern. Die Liquiditätsprämie indiziert lediglich den Grad, mit dem Aktiva des Schuldners in Schuldendeckungsmittel verwandelt werden können. Zahlungsfähigkeit ist die Prämie des Geldes.

Was als eigentliches Geld oder Zahlungsmittel bezeichnet wird, ist ein Anrecht auf Eigentum, das durch Belastung von Eigentum geschaffen wird. Mit dieser Blockierung geht dem Gläubiger die Eigentumsprämie verloren, wofür der Schuldner Zins leisten muss. Blosse Anrechte auf Eigentum werden im Kreditkontrakt in money of account ausgedrückt, das als das ihm entsprechende money proper mit dem Eigentum der Gläubiger gedeckt wird. Sie trennen sich mithin nicht von Eigentum selbst. Allerdings verlieren sie seine Prämie. Das auf das money of account bezogene money proper besteht dann eben aus solchen Eigentumsanrechten, für die eine zirkulierbare dokumentarische Form (Münzen oder Noten) gefunden wird.

Geld in der Form eines Eigentumsanrechts kann also nur emittieren, wer über Eigentum zu seiner Deckung verfügt, das mit solchen Anrechten auf Eigentum wiederum gekauft werden kann. Eine wesentliche Bedingung für das Knapphalten von Geld - neben dem Knapphalten durch den Zins - besteht mithin in der Notwendigkeit der Emittenten, ihr Eigentum nicht dadurch zu gefährden, dass unkontrolliert Anrechte auf Eigentum in die Wirklichkeit gelangen, gegen die sie ihr Eigentum im Verkauf hergeben oder gegen das sie es einlösen müssen.

Eine ebenso wichtige Bedingung für das Knapphalten von Geld in Form von Eigentumsanrechten ist dadurch gegeben, dass ein Schuldner Geld überhaupt nur erhält bzw. seine Emission befördert, wenn er mit seinem Eigentum dafür haftet, dass es zurückgezahlt wird. Das von Schuldnern verpfändbare Eigentum stellt mithin - nach dem die Emission deckenden Gläubigereigentum - die zweite wesentliche Begrenzung für die Geldemission dar.

jedes Geld in der Form von Anrechten auf Eigentum, das ohne Eigentumsdeckung der Emittenten zustande kommt und ohne Eigentumshaftung der Schuldner verliehen wird, ermöglicht seinen Benutzern gleichwohl die Erwerbung von Eigentum und führt damit zur Eigentumshergabe gegen ein Geld, das als Willkürgcld zu bezeichnen ist.

Die augenfälligste Form des eigentlichen Geldes in Form der Münze aus edlen Metallen ist für die Existenz des money proper vollkommen unerheblich. Sie erklärt sich einzig und allein aus der Absicht, die Herstellung von Falschgeld zu verhindern. Wäre es in den frühen Eigentumsgesellschaften möglich gewesen, mit geringstem Aufwand fälschungssichere Anrechte auf Eigentum herzustellen, wäre es zur Edelmetallmünze niemals gekommen. Dennoch haben auch diese frühen …konomien sich niemals auf die Knappheit der Edelmetalle als Fälschungsschutz verlassen, sondern - etwa in der griechischen Antike - zusätzlich die Todesstrafe gegen Falschmünzer verhängt. Das beste eigentliche Geld ist in der Tat solches, das nur Eigentum repräsentiert, vom eigenen Material her jedoch wertlos und doch fälschungssicher ist. Kosten, also Eigentumsverluste für die Schaffung seiner monetären Repräsentanten lägen dann bei Null, weshalb eine Annäherung an die vollkommene intrinsische Wertlosigkeit des money proper seit Beginn der Eigentumsgesellschaft gesucht wird. Diese Suche nach Nullkosten des money proper darf nun nicht damit verwechselt werden, dass solches Geld selbst aus dem Nichts geschöpft werde, wie sich etwa der Monetärkeynesianismus das vorstellt. Eine Geld emittierende Bank ist im Kern ein Eigentumskonglomerat, das Anrechte gegen sein Eigentum kreditiert. Dieses Eigentum selbst allerdings ensteht durch einen immateriellen Rechtsakt, der dem immer schon gegebenen physischen Besitz die Eigentumsprämie hinzufügt. Sie ist insofern ein Nichts, als sie dem nun in Eigentum transformierten Besitz rein gütermässig nichts hinzufügt. Bei ihrer Aufgabe jedoch konstituiert sich das Wirtschaften mit Geld und Zins.

Banknoten, die im Vergleich zur Edelmetallmünze dem Nichtskostenideal schon sehr nahekommen, sind Anrechte an das Eigentum der Bank. Sie achtet darauf, dass diese Noten nur dann emittiert werden, wenn sie Kreditkontrakte abschliessen kann, in denen die Schuldner für ihre Refundierung mit Eigentum haften. Es ist mithin ausschliesslich das Eigentum der Gläubiger, das die Banknote - eine papierene Münze sozusagen - möglich macht. Wo solche Deckung fehlt, ist wiederum von Falschgeld oder eben von Willkürgeld die Rede, das deshalb so ungemein gefürchtet wird, weil es als blosses Anrecht auf Eigentum wirkliches Eigentum so lange kaufen kann, his seine Falschheit oder Wertlosigkeit bekannt ist.

Niemals kann ein Gut oder eine Ware Geld sein, da Geld blosses Anrecht auf Eigentum ist. Sehr wohl aber können sich bestimmte Arten von nioney proper plötzlich als Ware wiederfinden, wenn ihr Materialwert über ihren Nominalwert steigt. Dem Kupferpfennig, der für mehr als einen Pfennig Kupfer enthält, kann die Verwandlung in Ware dabei ebenso unterlaufen wie einem money proper aus Gold oder Silber. Es ist diese kostspielige Materialseite vieler Arten von money proper, durch die Geldtheoretiker immer wieder in Verwirrung gestürzt werden.

Die Eigentumsbindung des Geldes gilt auch für das Zentralbankgeld. Anders als bei Privatbanknoten ist allerdings nicht unmittelbar offensichtlich, dass es ohne deckendes Gläubigereigentum eine Emission auch von Zentralbanknoten nicht gibt. Denn es muss ja in dem dafür notwendigen Kreditkontrakt zwischen Zentralbank und Geschäftsbank durch letztere eine Übertragung von Verpflichtungen, für die sie als Gläubiger haftet, an die Zentralbank vorgenommen werden. Wiewohl es manchen so erscheint, als ob die Zentralbank Geld aus dem Nichts schafft, da sie mit ihrer -Geldschöpfung kein Gläubigerrisiko eingeht"47", zwingt sie die Geschäftsbanken in ein Gläubigerrisiko.

Die hier vertretene Eigentumstheorie des Geldes löst das Schumpetersche Paradox der herrschenden Tauscherklärung des Geldes auf. Es beruht darauf, dass offensichtlich mehr Geld im Kredit geschaffen wird, als durch Ersparnisse angesammelt werden kann. Woher kommt dann das Geld, mit dem Unternehmer Aufträge für - somit erst in der Zukunft vorhandene - Waren erteilen und mit dem wiederum andere diese kaufen können? Schumpeter flüchtete in die Antwort: „Aus Nichts.“ Die Eigentumstheorie hingegen besagt schlicht, dass belastbares Eigentum für die Emission von Geld sorgt, das somit keine Güter, die verliehen werden, einkleidet. Der Kredit, das heisst die Verleihung eines durch Eigentumsbelastung geschaffenen Geldes, wird also nicht durch die Höhe des Sparens eines Gütergeldes begrenzt.

Eigentumsdeckung hat also nichts mit der Vorstellung der real-bills-Doktrin zu tun, die Geld durch gehandelte Güter gedeckt sah. Eine solche Grenze für die Geldernission gibt es nicht. Die Vorstellung der Gegenposition, dass es dann eben gar keine Grenze gäbe, lebt von der richtigen Wahrnehmung, dass Geld vor den zu produzierenden Gütern da ist. Was wiederum vor diesem Geld da ist - das belastbare Eigenturn - wird dabei nicht gesehen. Dieses liefert dem Geld Volumen und Knapphaltung zugleich. Acht Jahrzehnte nach Schumpeter muss der Monetärkeynesianismus seine -Nichts-Antwort übernehmen, weil auch er belastbares Eigentum für die Schaffung von Geld und verpfändbares Eigentum als Basis seiner Verleihung nicht ins Auge fassen kann. In der ,~Nichts-Theorie des Geldes steht die Wirtschaft ohne Fundament da. Die Eigentumstheorie des Geldes hingegen erweist den Scheincharakter dieses Bildes. Das angebliche -Nichts,~ verweist vielmehr auf das durch nichtphysischen Rechtsakt wirklich geschaffene Eigentum. Seine Belastbarkeit kommt ausschliesslich ihm, niemals jedoch einem Nullum zu, wenn es auch richtig ist, dass die Belastbarkeit ein Ertrag des Eigentums ist, die immaterielle Eigentumsprämie. Das Übersehen der Eigentumsbindung des Geldes kann nur selten geschichtsmächtig werden. Nach dem Sturz des Realsozialismus jedoch hat die Überzeugung neoklassischer Transformationsberater von einer Markttausch-Basis des Geldes und die Überzeugung monetärkeynesianischer Berater von einer Nichts-Basis des Geldes unübersehbaren Schaden angerichtet. Beide Schulen glauben fest daran, dass Geld im Sozialismus bereits vorhanden gewesen wäre. Die Neoklassiker wollten es durch Einführung einer Marktverfassung lediglich wirksamer als bisher werden lassen. Die Monetärkeynesianer wiederum wollten es durch Implantation einer Geldverfassung in Form eines zweistufigen Bankensystems knapper als bisher machen. Nach vielen verlorenen Jahren einer „Privatisierung“, ohne Eigentumsbildung, in der das Wirtschaften nicht entstehen, die Befehlsproduktion aber sehr wohl vergehen konnte, wird jetzt eher instinktiv als theoretisch wirklich aufgeklärt aus dem Verlangen westlicher Unternehmer und einheimischer Bankangestellter stückweise Eigentum geschaffen und damit ebenso holperig die Schaffung von echtem Geld auf den Weg gebracht.

A. Das Kapitel vom Tauschparadigma (Zusammenfassung)
B. Das Kapitel vom Eigentum (Zusammenfassung)
C. Das Kapitel vom Zins (Zusammenfassung)
E. Das Kapitel vom Markt (Zusammenfassung)
F. Das Kapitel von der Akkumulation (Zusammenfassung)
G. Das Kapitel von der Krise (Zusammenfassung)
H. Das Kapitel von der Wirtschaftsverfassung (Zusammenfassung)

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